Frieden ohne Waffen

Albert Schweitzer (1875-1965)
Neben: Mein überfallartiger Besuch in Günsbach am 22.9.1959, rechts sein Haus damals, links habe ich ihn fotografiert bei seinem Besuch in Frankfurt kurze Zeit später aus Anlass seiner Ehrenbürgerschaft
Vorbild für viele Menschen der Nachkriegsgeneration. Mitglied der 1957 gegründeten weltweiten Antiatombewegung. Verfasste 1957/58 vier ‚Appelle an die Menschheit‘ mit Warnungen vor einem Atomkrieg.
Frieden geht nur ohne Waffen
Die immer größere Produktion von Waffen weltweit ist das größte Hindernis, dem Frieden ein wenig näher zu kommen. Die deutsche Waffenproduktion ist eine der größten weltweit und seit in 2020 wieder gestiegen. Diese Waffen werden in alle Welt geliefert und sie sind dort verantwortlich für viele tausend Tote und Verletzte in den zahlreichen Krisengebieten. Ich verfolge das seit vielen Jahren und bewundere die Menschen, die sich in NGOs und als Journalisten dagegen zu wehren versuchen – manchmal sogar mit wenn auch kleinen Erfolgen. So haben sie schon einige Rechtsstreite gegen Heckler gewonnen, und eine italienische Tochter von Rheinmetall, dem größten deutschen Waffenproduzenten, liefert nun keine Bomben mehr nach Saudi-Arabien. Dennoch bleibt Rheinmetall der größte und von jeglicher Moral freien größter deutscher Waffenherstellen. Das hat mich zu meinem Vorhaben geführt, mich mit diesem Konzern anzulegen (sh. unten).
06.2024 Julien Assange ist frei.
Nach langwierigen Verhandlungen mit der US-Regierung einigte sich Assange Ende Juni 2024: Er wurde aus der Haft entlassen und bekannte sich schuldig wegen der Veröffentlichung von Militärgeheimnissen. Er wurde zu fünf Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt, entsprechend der Zeitspanne, die er in London bereits in Haft saß. Daraufhin reiste er in seine australische Heimat.
06.2023 Assange und die Willkür britischer Justiz
Ausnahmsweise zitiere ich hier mit wenigen Kürzungen eine Nachricht aus Wikipedia vom 09.06.2023. „Am 9. Juni 2023 lehnte der Gerichtshof die Berufung (von Assange gegen seine Auslieferung an die USA) ab. Seine Familie kündigte an, dagegen mit einem Antrag vorzugehen und andernfalls als letztes Rechtsmittel vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu ziehen. Die britische Entscheidung zu Assanges Auslieferung an die USA löste weltweites Entsetzen aus. Friedrich Roeingh (Chefredakteur der Mainzer Allgemeinen Zeitung und der Wormser Zeitung) erklärte, dass die Kriegsverbrechen in Afghanistan und im Irak von den USA, also vom Westen begangen wurden und dass in diesem Fall die Freiheit von den USA und von Großbritannien mit Füßen getreten wird, das Leaken von geheimen Daten im 21. Jahrhundert zum Kern investigativer Recherchen gehört, die Welt ohne Assange kaum erfahren hätte, wie eindeutig und zum Teil systematisch die US-Streitkräfte in ihrem ‚War on terror‘ gegen Kriegsrecht verstoßen haben, Assange seit über zehn Jahren unter unwürdigen Bedingungen seiner Freiheit beraubt wird, an „diesem Mann schon so viel beschämendes Unrecht begangen worden ist, wir zum Beispiel viel zu wenig zum Thema gemacht haben, und die Regierung Biden daran festhält, Assange habe Spionage betrieben, wofür bis heute kein Beweis vorliegt. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte Assanges Auslieferung zu stoppen und seine Freilassung zu verfügen. Die Generalsekretärin in der Londoner Zentrale von Amnesty International erklärte, die Entscheidung der britischen Regierung sende „eine abschreckende Botschaft“ an alle Journalisten. Sie äußerte die Sorge, Assange könnte trotz gegenteiliger Versicherungen der US-Regierung für längere Zeit in Einzelhaft genommen werden. Der Deutsche Journalisten-Verband rief die USA auf, die Anklage fallen zu lassen. Wenn Präsident Joe Biden russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anprangere, dürfe er nicht mit äußerster juristischer Härte gegen den Aufklärer amerikanischer Kriegsverbrechen vorgehen.“ Das war jetzt notwendig. Ich habe schon mehrfach an Demonstrationen für die Freilassung von Assange teilgenommen und im Laufe der letzten Jahre auf meiner Webseite einige Tagebucheinträge dazu geschrieben. Das oberste britische Gericht ist eine Schande für diese Nation.rahdnu
03.01.2023 Frieden & Klima – geplatzte Träume
Die beiden wichtigsten Themen meiner Webseite waren und sind ’Frieden/ohne Waffen‘ und ‚Klima/Gerechtigkeit‘. Ersteres ist jetzt so weit zurückgeworfen, dass ich ein wenig mutlos geworden bin, ob die nicht allzu zahlreichen zumindest in Europa positiven Entwicklungen für Frieden und Gerechtigkeit die nächsten Jahre überdauern, geschweige denn fortgeführt werden. Ein trauriges Ergebnis auch für unsere Politiker, für denen der Erhalt unseres Wohlstands und die Unterstützung der (Konsum-)Wirtschaft wichtiger ist als Friedens- und Gerechtigkeitspolitik. Sie müssten trotz des Kriegs in der Ukraine Vorrang haben – Stichwort Verhandlungen. Die EU hat hier ebenfalls versagt, und das ausgerechnet unter einer deutschen Kommissionspräsidentin. Und für die Große Transformation in eine intensive Klimapolitik gibt es trotz einiger Ansätze noch nicht einmal einen Masterplan, sondern lediglich Versuche, die durch den Krieg, Corona und Inflation entstandenen Löcher notdürftig zu deckeln
19.07.2022 Geldanlage in die Rüstung
Das internationale Recherchenetzwerk ‚Facing Finance‘ setzt sich für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld ein. Sie haben sich gerade mit der Frage befasst, ob Finanzinstitute in die Rüstungsindustrie investieren sollten, was angesichts der unsicheren Verhältnisse weltweit offenbar gute Erträge verspricht. Denn viele Fonds und Finanzinstitute haben das in den letzten Jahren möglichst vermieden. Sie begründen das ganz richtig damit, dass viel Waffenarten völkerrechtlichen Verboten unterliegen und/oder ihre Produkte in Krisengebiete und in Länder mit negativer Menschenrechtsbilanz liefern. Die Antwort von Facing Finance ist daher ein klares Nein. Begründet wird das damit, dass diese Industrie zunächst aufhören muss, mit ihren Lieferungen Korruption, Unterdrückung und humanitäre Krisen zu unterstützen. Interessant, dass dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte; ist es aber nicht, wie verschiedene Gerichtsurteile, z. B. gegen Heckler & Koch. zeigen. Es sollte hier auch die Lieferung von Bomben durch den Rheinmetall-Konzern an Saudi-Arabien nicht unerwähnt bleiben, wo seine Bomben seit Jahren im Jemen Zivilisten töten. Wie unten dargestellt habe ich angesichts eines konkreten Sachverhalts der Ermordung einer ganzen Familie den Vorstand von Rheinmetall wegen Beteiligung an diesem Mord angezeigt – letztlich vom Generalstaatsanwalt Düsseldorf abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft ist weisungsgebunden und die Regierung wagt nicht, einen derart einflussreichen Arbeitgeber zu belangen. Interessant, dass offenbar auch die Grünen als neuer Koalitionspartner in NRW hier schlappmachen. Geld frisst auch bei ihnen die Moral. Die Mordwerkzeuge werden direkt oder über Tochtergesellschaften weiterhin geliefert. Die von der EU vorgelegte Taxonomie soll daher als Richtschnur Unternehmen als investitionswürdig einstufen, die eine nachhaltige Entwicklung versprechen und die Menschrechte achten. Die Rüstungslobby fordert das, weil eine fehlende Finanzierung die Verteidigungsfähigkeit im Invasionsfall gefährde. Angesichts der oben geschilderten Wirklichkeit wäre diese Einstufung ein mehr als fatales Signal an uns Geldanlege.
06.08.2022 Datenbank über Waffenhersteller
Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen Facing Finance und urgewald haben gerade die ExitArms-Datenbank veröffentlicht (www.exitarms.org). Es handelt sich hierbei um die erste öffentliche, globale Datenbank zu Unternehmen, die an Exporten von Waffen an Kriegsparteien beteiligt sind und bezieht die Jahre 2015 bis 2020. Die Datenbank führt rund 500 Unternehmen auf, die in diesem Zeitraum direkt, über Tochtergesellschaften oder über Joint Ventures an knapp 1.400 Rüstungsexporten beteiligt waren. Damit wurden 33 Kriegsparteien beliefert, die in 52 größtenteils innerstaatlichen Kriegen involviert waren. Für diese Datenbank wurden methodisch nur Kriege nach dem „Heidelberger Konfliktbarometer“ erfasst, das sind nur Kriege, die ohne Mandat der Vereinten Nationen geführt werden. In einem zweiten Schritt wurden entsprechende Exporte von Hauptwaffen- (systemen) auf Basis der SIPRI Arms Transfer Database auf Länderebene identifiziert. Hiervon ausgehend recherchierten die Autoren in einem dritten Schritt akribisch die Waffenlieferkette auf Unternehmensebene: Vom Entwurf bis hin zum Transport der fertigen Waffe bzw. des fertigen Waffensystems. Als Nutzer der ExitArms-Datenbank sehen die Autoren vor allem Banken, die mit ihr erstmalig ein geeignetes Instrument haben, um eine Divestment-Strategie zur Rüstungsindustrie sinnvoll zu formulieren oder zu schärfen. Zudem richtet sich die Datenbank als Informationsquelle an Politik, Regulatoren, Wissenschaft, Medien und die Zivilgesellschaft. Die genannte Waffenlieferkette der Datenbank enthält Unternehmen, die für Waffendesign und -produktion sowie -lizensierung, -reparatur, -modernisierung oder -modifizierung verantwortlich sind, und auch den Waffenexporteur im engeren Sinne, der Verkauf und Transport übernimmt. Auch beim flüchtigen Durchsehen der beigefügten Tabellen wird deutlich, wie zahlreich die dort aufgeführten Unternehmen und Kriegsgebiete sind und wie stark auch die EU-Staaten und insbesondere Deutschland vertreten sind. Es ist eine ebenso aufwendige wie wichtige Arbeit, die von den beiden NGOs hier geleistet wurde. Wir können nur hoffen, dass die angesprochenen Banken diese Datenbank zum Anlass einer kritischen Durchforstung ihrer finanziellen Engagements nehmen. Die Aufgabe der Politik ist es jetzt, die Unternehmen bei der Transformation ihrer Waffen- zu umwelt- und friedensfreundlichen Produktionen zu unterstützen und konkrete Regeln dafür aufzustellen.
11.03.2022 Europa hat schon aufgerüstet
Nach jüngsten Informationen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hat sich der Handel mit schweren Waffen weltweit zwischen 2017 und 2021 im Vergleich zum gleichen Zeitraum davor um 4,7 % vermindert. In den europäischen Staaten betrug das Wachstum dagegen 19 %. Bei diesem weltweit stärksten Wachstum der Waffenimporte hat die USA mit einem Plus von 105 % ihren Anteil mehr als verdoppelt. Schwerpunkt auch zukünftig sind neue Kampfflugzeuge, die weltweit am meisten nachgefragt werden. Interessant im Blick auf den Ukraine Konflikt ist, dass der Marktanteil von Russland mit einem Minus von 26 % der Waffenexporte weltweit von 24 auf 19 % gefallen ist. In Deutschland geht inzwischen bei der Aufrüstung noch mehr, wie aus der jüngsten Verlautbarung unserer Regierung hervorgeht. Es werden nämlich zu den 138 Eurofightern der Bundeswehr 15 neue zum Stückpreis von ca. 100 Mio Euro geordert; zusätzlich werden 35 der neuesten Kampfjets der US-Firma Lockeed bestellt, die ältere der seit etwa 40 Jahren geflogenen Eurofighter ersetzen sollen. Stückpreis der neuen Jets, die auch die neuentwickelten Atombomben tragen können: jeweils ca.130 Mio Euro all in, Auftragswert daher 1,5 plus 4,5 Mrd. Euro. Da bleiben doch immerhin noch 94 Mrd. aus dem geplanten Aufrüstungspaket von 100 Mrd. der Bundeswehr. Dazu passt gerade ein Angebot vom größten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall. Man könne durch Erweiterung der Kapazitäten der Bundeswehr kurzfristig ein Paket diverser Waffen (Panzer u. a.) Im Wert von 45 Mrd. Euro liefern. Ob das alles allerdings unsere Sicherheit festigt und ob es dem Frieden in Europa dient ? Da sind mehr als Zweifel angebracht.
29.9.2021 Die Waffenschmiede Heckler & Koch
Anfang Oktober fand auf Veranlassung der Gruppe Rhein-Main des Bündnisses Rheinmetall Entwaffnen eine Blockade mit öffentlicher Anklage gegen Heckler & Koch vor dessen Werk in Oberndorf am Necker statt. Dieser große Waffenhersteller war bekanntlich Anfang 2019 wegen illegalen Waffenexport nach Mexiko verurteilt worden. Das Unternehmen musste 3,7 Millionen Euro Strafe zahlen. Mit über hundert Teilnehmern machte das Bündnis damit auf die Geschichte des Unternehmens im Nationalsozialismus und auch auf die Folgen der Exporte aufmerksam. Auch eine Delegation mexikanischer Zapatistas nahm an der Protestaktion teil.
Die sollte die Verantwortung des Unternehmens für den Tod tausender Menschen, für Folter und Unterdrückung verdeutlichen, und so lautete auch die Anklage. Deutschland gehöre zu den Top-3-Nationen beim Export von Kleinwaffen. Die Ausfuhrbeschränkungen würden systematisch und trickreich umgangen. So exportierten die drei deutschen Hersteller Heckler & Koch, Sig-Sauer und Walther ihre Waffen beispielsweise in die USA, von wo sie überallhin verkauft werden könnten. Als Zeuge war auch Jürgen Grässlin telefonisch zugeschaltet. Der HK-Kenner und -Kritiker berichtete von seinen Recherchen zu illegalen G 36-Exporten nach Mexiko, dem jahrelangen Ermittlungsverfahren, an dem die Stuttgarter Staatsanwälte nie wirklich interessiert gewesen seien: „Wir mussten die zum Jagen tragen.“ Schließlich sei der öffentliche Druck, auch dank zweier ARD-Themenabende, so stark gewesen, dass 2015 Anklage erhoben wurde. Bedauerlicherweise nur gegen Mitarbeiter von Heckler & Koch, nicht aber gegen die Beamten der zuständigen Behörden und des Wirtschaftsministeriums, die solche Exporte genehmigt hatten.
09.11.2021 Rüstungsexportstopp für Jemenkrieg gefordert
In einem offenen Brief fordern vierzig Organisationen den sofortigen Stopp für Rüstungsexporte an die gesamte Jemen-Militärkoalition. 24 Millionen Zivilist*innen leiden seit knapp 7 Jahren. Das breite Bündnis von 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert daher die geschäftsführende Bundesregierung und die Koalitionsverhandlungen führenden Parteien SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP in einem Offenen Brief dazu auf, den Rüstungsexport- und genehmigungsstopp für Saudi-Arabien zu verlängern und auf die gesamte Militärkoalition im Jemen auszuweiten. Die unterzeichnenden Organisationen fordern ein umfassendes und zeitlich nicht befristetes Rüstungsexportverbot für alle Mitglieder der von Saudi-Arabien geführten Militärkoalition, solange diese am bewaffneten Konflikt im Jemen beteiligt sind oder die Gefahr besteht, dass auch deutsche Rüstungsgüter zu Menschen- und Völkerrechtsverletzungen im Jemen beitragen. Zudem fordern sie die Abschaffung von bestehenden Ausnahmen, wie Exporten im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte. Das ist eine überfällige und überaus wichtige Forderung, denn Kriegswaffen und Bomben deutscher Rüstungsfirmen wie Rheinmetall sind seit Jahren im Jemen im Einsatz. Tausende von Menschen sind dort schon getötet und verletzt worden. Wie können wir Deutsche das zulassen? Nicht nur die von Firmen wie Rheinmetall ausgeschütteten Dividenden, sondern auch die Gehälter, die wir dort durch unsere Arbeit in der Produktion erhalten, sind Blutgelder. Daran sollten wir denken, wenn wir vielleicht sogar wenige hundert Kilometer vom Jemen entfernt den wohlverdienten Urlaub verbringen. Und wäre der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf nicht den Weisungen seines zuständigen Landesministers unterworfen, hätte er möglicherweise meine Anzeige gegen den Vorstand dieses Unternehmens wegen Beihilfe zum Mord nicht in vorauseilendem Gehorsam mit zwei Sätzen abgebügelt – ist doch das Unternehmen dort ein bedeutender Arbeitgeber und Steuerzahler. Wie hat Brecht schon formuliert: Geld frisst Moral.
2.9.2021 Der Skandal: Waffenexport und kein Ende
In der gerade zu Ende gehenden Wahlperiode hat die Bundesrepublik Waffen im Wert von sage und schreibe 4,5 Mrd. Euro exportiert. Darunter allein über eine Milliarde an Ägypten und 120 Millionen an Saudi Arabien. Über die politische Situation in beiden Staaten brauchen wir kein Wort zu verlieren. Saudi Arabien führt zudem einen Bombenkrieg im Jemen. Wenn die neue Regierung dem nicht endlich Einhalt gebietet, wird sie ein weiteres Stück Vertrauen der Bürger in ihre politisch Verantwortlichen verlieren.
24.10.2021 Die neue Regierung und der Frieden
In den zwölf Seiten ‘Ergebnis der Sondierungen …..(für eine Koalition)’ sind klare Aussagen zu Krieg, Bedrohung durch Atomwaffen, Atomkriegsmanövern, Beitritt Deutschlands zu Atomwaffenverbotsvertrag, zum Abzug der Atomwaffen aus Deutschland und zum Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Teilhabe nicht zu finden. Dasselbe gilt für die von der alten Regierung geplante Erhöhung der Militärausgaben auf zwei Prozent. Die SPD zumindest ‘Wir sind die Friedenspartei Deutschlands’ leidet offensichtlich an Gedächtnisschwund. Keine guten Nachrichten für von Deutschland ausgehende Initiativen für mehr Frieden in unsere Welt.
14.12.2021 Die sozio-ökologische Transformation der Waffenproduktion
Es ist ein Skandal, was das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI meldet: Mit einer Steigerung im sechsten Jahr in Folge haben nach seinen Recherchen die 100 größten Rüstungshersteller der Welt 2020 Waffen und Dienstleistungen im Volumen von 531 Mrd. US-Dollar verkauft. Darunter befinden sich vier rein deutsche Unternehmen. Die unter anderem im Jemen eingesetzte Bomben produzierende Rheinmetall avancierte vom Jahr 2019 bis 2020 im Ranking von Platz 32 auf 27. verkaufte sie 2019 noch Waffen im Wert von vier Milliarden US-Dollar, so erzielte sie 2020 4,2 Milliarden. Thyssen-Krupp als Hersteller von U-Booten und Fregatten kletterte von Platz 56 auf 55. Krauss-Maffei Wegmann, das früher den »Leopard I«-Kampfpanzer und jetzt den »Leo II« produziert, rückte von Platz 71 auf 70. Und Hensoldt, Fabrikant von Waffen im Luft- und Raumfahrtbereich sowie von Militärelektronik, arbeitete sich von 86 auf 78 vor. Transeuropäische Unternehmen wie Airbus und MBDA auf Rang 30 sind ebenso mit Großwaffensystemen im Geschäft. Analysiert man die Ära der Bundeskanzlerin Angela Merkel, dann ist sie die Meisterin des Todes in der Geschichte der BRD. Kein Kanzler zuvor verantwortete so viele Genehmigungen von Rüstungsexporten wie sie. In ihrer 16jährigen Kanzlerschaft hat sie Waffenexporte im Wert von 122 Milliarden Euro genehmigt. Sie war Vorsitzende des geheim tagenden Bundessicherheitsrates, eines weltweit einmaligen Gremiums von Kanzlerin und acht Ministern, das Waffenexporte in Kriegs- und Krisengebiete genehmigte – während sie öffentlich von Frieden und Demokratie sprach. Damit hat sie Beihilfe zur Verletzung von Menschenrechten und zum Morden mit deutschen Waffen geleistet. Deswegen geht ein dringender Ruf an die neue Regierung: Sie muss für die angekündigte sozio-ökologischen Transformation auch hier beginnen. Dafür müssen die Waffenhersteller mit finanzieller Unterstützung nachhaltige Produktlinien aufbauen, und zwar ohne die von den dort bestimmenden restriktiven Kräften sicher verlangten zeitlichen Aufschübe. Nur was die Regierung jetzt in die Wege leitet, wird auch die nächste Legislaturperiode prägen.
29.11.2021 Bombenangriffe made in Europe
Eurofighter, Tornados, MK 80 Serienbomben – es gibt unzählige Beweise, dass europäische Waffen im Jemenkrieg eingesetzt werden. Europäische Rüstungsfirmen und staatliche Akteure leisten damit Beihilfe zu Kriegsverbrechen, die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im Jemen begangen werden. Diese Tatsachen sind der Kern der Strafanzeige, die das ECCHR, Mwatana for Human Rithts aus dem Yemen und Partnerorganisationen aus Europa im Dezember 2019 beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) eingereicht haben.
07.02.2022 Kindersoldaten mit unseren Gewehren
Jedes Jahr erscheint die ‚Liste der Schande‘, der Jahresbericht des UN-Generalsekretärs zu kämpfenden Kindern. In derzeit 61 Gruppen und Armeen in 14 Ländern Amerikas, Asiens und Afrikas werden Kinder als Soldaten rekrutiert, entführt, getötet, verstümmelt, mißbraucht. Und das, obwohl schon 2002 ein Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kindern unter 18 Jahren in bewaffneten Konflikten in Kraft getreten ist. Internationale Verträge und Gesetze wie der Waffenhandelsvertrag, internationale Vereinbarungen und nationale Gesetze, wie in Deutschland das Verbot von Waffenexporten in Länder mit schweren Menschrechtsverletzungen und bewaffneten Konflikten sollen das verhindern – eigentlich. Doch wir gehören (2021) weltweit zu den 6 größten Waffenexporteuren mit 21 Mrd. Euro (neuer Rekord!). Und es geht noch mehr. Deutsche Rüstungsfirmen gründen Töchter in anderen Ländern, die einfach von dort exportieren (z. B. Rheinmetall in Italien) oder liefern gleich ganze Waffenfabriken in andere Länder. Das muss doch jedem deutschen Bürger stinken. Ich bin gespannt, was unsere neue Regierung hier unternimmt. Das Argument des Verlusts von Arbeitsplätzen darf hier erstrecht keine Rolle spielen, zumal für sie doch die auch wirtschaftliche Transformation in Sachen Klimawende absolute Priorität hat.
31.8.2021 Nato und ihre Waffen für die Taliban
Das blamable Verhalten der Nato in Afghanistan ist kaum nachvollziehbar. Mit seinen Folgen ist der Worst Case eingetreten: Nicht nur, dass die Nato den nach den Terroranschlägen von 2001 ausgerufenen – „Anti-Terrorkampf“ gegen die Taliban in Afghanistan auf ganzer Linie verloren hat. Nicht nur, dass die im Land verbliebenen vormaligen Unterstützer*innen der Nato-Truppen, der Vereinten Nationen und humanitärer Hilfsorganisationen landesweit gejagt, gefoltert oder gar getötet werden können. Mehr noch: Die Taliban sind in wenigen Tagen zur bestausgerüsteten Terroreinheit der Welt avanciert und können fortan ihre militärische Macht stabilisieren und ausweiten. Und dazu können die Taliban auch deutsches Kriegsgerät nutzen, denn „seit Anfang 2002 bis heute wurden Rüstungsexporte für 418,8 Millionen Euro in das zentralasiatische Land genehmigt“. Letzte Ausfuhrerlaubnisse wurden noch 2021 erteilt, berichtet Zeit-online (vom 22.08.2021). Mir zeigt es einmal mehr, dass die Nato im Hinblick auf die Absicherung des Friedens für uns ein zahnloser Tiger ist. Sie hat es inzwischen zwar auf 30 Mitgliedsstaaten gebracht, um das gefährliche Russland in Schach zu halten, handelt aber nach den Weisungen einer Weltmacht, der USA. Doch ist die Nato bekanntlich eine Organisation, um uns gegen mögliche Feinde zu schützen. Die gibt es aber nur, wenn kein Frieden herrscht. Bemühungen der Nato zur Friedensstiftung: Fehlanzeige für Europa wie weltweit. Ihr Generalsekretär sorgt im Gegenteil für immer mehr und bessere Waffen ‚für den Ernstfall‘, der wie auch er weiß, Freund und Feind gleich schaden.
08.2022 Liu Xiaobo – Chinas heimlicher Mandela
Liu Xiaobo (1955–2017) aus der Volksrepublik China war ein standhafter Freiheitskämpfer und Menschenrechtler Er schrieb elf Bücher und hunderte von Essays und Artikel, die oft im Ausland und auf Englisch erscheinen mussten. In deutscher Sprache gibt es nur eine einzige Sammlung bei S. Fischer mit dem Titel: „Ich habe keine Feinde, ich kenne keinen Hass‘. Für seine Teilnahme an den Pekinger Studentenprotesten (Tian‘anmen-Massaker 3./4.6.1989) verlor er seine Arbeit und saß 2 Jahre in Haft. Von 1991 bis 1995 lebte er in Peking, schrieb Artikel (die er nur im Ausland veröffentlichen konnte) und beteiligte sich an der Demokratiebewegung. Nach einer sechsmonatigen Haft 1995 wurde er von 1996 bis 1999 zur Umerziehung durch Arbeit zwangsversetzt. Als Schriftsteller und Menschenrechtsaktivist unterstützte er mit über 300 Interlektuellen die Charta 08 zum Internationalen Tag der Menschenrechte, wofür er 2009 wegen „Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elf Jahren Haft verurteilt wurde. Den ihm 2010 verliehenen Friedensnobelpreis konnte nicht einmal seine Frau entgegennehmen, da China kurz zuvor für etwa 200 Personen ein Ausreiseverbot verhängt hatte. Bis kurz vor seinem Tod an Leberkrebs 2017 war er in einem 500 Kilometer von seiner Heimatstadt Peking entfernten Gefängnis inhaftiert.
Vergangenheit und Gegenwart
Vor über 50 Jahren (1970 und 1971) habe ich in der noch heute vom Verlag Kurt Debus erscheinenden ‚Wochenschau für politische Erziehung, Sozial- und Gemeinschaftskunde, Ausgabe für die Sekundarstufe II (damals Ausgabe 0)‘ neun Beiträge verfasst, die ich jetzt hier und anschließend im Thema Politik nach und nach einfüge. Sie sind nicht nur ein kritisches Bild der damaligen Zeit sondern ermöglichen auch einen interessanten Vergleich zu den heutigen Verhältnissen.
Die UN: Moralische Instanz – mehr nicht? sh. unten
Die politische Bedeutung des Außenhandels sh. unter Thema Grundsatzpolitik
Entwicklung und Auswirkungen des Welthandels sh. unter Thema GRundsatzpoitik
Was ist faul an der Entwicklungshilfe? sh. unter Thema Afrika
Bleibt Abrüstung ein Wunschtraum? sh. unten
Die UN: Moralische Instanz – mehr nicht? (Jan. 1971);
Ein alter Traum der Menschheit, immerwährender Friede zwischen den Völkern, schien nach dem Ersten Weltkrieg seiner Erfüllung nahe, als mit der Gründung des Völkerbundes (1919) die Möglichkeit geschaffen war, in neuer Form zu einer internationalen Verständigung zu gelangen. Internationale Pakte hatte es zwar schon viele gegeben. Aber noch nie war versucht worden, die Pläne für eine allumfassende internationale Allianz zwischen den Völkern zu ver wirklichen. Welche Schwierigkeiten dabei zu überwinden sind, hat die Geschichte gezeigt: Die Institution des Völkerbundes erwies sich nicht in der Lage, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Die Gründung der Vereinten Nationen am 26. Juni 1945 stieß daher auf größere Skepsis, wenn auch die Sehnsucht der Völker nach Frieden wiederum Hoffnungen setzte in die Integrationskraft einer Organisation, die auf Initiative der alliierten Kriegsgegner Deutschlands zustande gekommen war und die Ächtung politischer Gewaltanwendung zu ihrem verbindenden Element erhob. Wiesehr diese Hoffnungen zum zweiten Male enttäuscht wurden, bringen die Kommentare deutlich zum Ausdruck, die im vergangenen Jahr zu lesen waren, als die UNO den 25. Jahrestag ihres Bestehens feierte. Doch waren und sind diese Hoffnungen realistisch? Kann überhaupt eine internationale Organisation heute den Weltfrieden erhalten oder auch nur lokale Kriege verhindern? Kann sie zumindest Hunger und Elend von dieser Welt verbannen und mit den sozialen Missständen zugleich eine Quelle immer neuer Konflikte beseitigen? Eine Voraussetzung dafür ist immerhin gegeben: Die UNO wird von allen Staaten dieser Welt anerkannt, nicht nur von den gegenwärtig 128 Mitgliedstaaten. Auch für jene Staaten, die ihr nicht an gehören, wie zum Beispiel die DDR und die Bundesrepublik und vor allem die Volksrepublik China, steht ihre Autorität als moralische Instanz und internationales Diskus sionsforum außer Frage. Nur so ist es schließlich zu verstehen, dass die Volksrepublik China sich immer wieder um Aufnahme in die UNO bewarb, obwohl sie erst in jüngster Zeit mit der Chance rechnen kann, die in der Vollversammlung die notwendige Mehrheit zu finden. Dass die Organisation der Vereinten Nationen den für unsere Zeit politisch einzig erreichbaren, praktisch handlungsfähigen internationalen Zusammenschluss darstellt, wird demnach ernstlich nicht angezweifelt. Darin liegt aber zugleich eine ungeheure Verantwortung für die Organisation. Ob sie dieser in den letzten 25 Jahren immer gerecht wurde, ist durchaus umstritten, wobei allerdings in Rechnung gestellt werden muss, dass die machtpolitischen Interessen der souveränen Mitgliedstaaten ihren Handlungsspielraum eng begrenzen. Bei der Wahrnehmung ihrer wesentlichen politischen Funktion, Sicherung des Weltfriedens und Verhinderung kriegerischer Auseinandersetzungen, war den Vereinten Nationen bisher jedenfalls wenig Erfolg beschieden. Zurückzuführen ist dies zum Teil auf den Mechanismus der Entscheidungsfindung, in dem sich die internationalen Machtverhältnisse widerspiegeln. Hier haben die Gründer der UNO das demokratische Prinzip der Stimmengleichheit, das in der Vollversammlung gilt, dadurch beeinträchtigt, dass sie die Großmächte in einem besonderen Gremium, dem Sicherheitsrat, zusammengeschlossen haben, dessen ständige Mitglieder ein Vetorecht gegen die dort zu treffenden Entscheidungen besitzen. Gerade der Sicherheitsrat aber trägt nach der UN-Charta grundsätzlich die Verantwortung für die Friedenssicherung. Da nicht nur die beiden „Supermächte“ überall in der Welt gegensätzliche Interessen haben, die sie eifersüchtig und misstrauisch zu wahren suchen, wird es verständlich, dass bei ausbrechenden Krisen oder gar lokalen Kriegen die eine oder andere Großmacht ihr Veto gegen geplante UN Aktionen einlegt und sie dadurch blockiert. Dies wurde besonders häufig von der Sowjetunion praktiziert), weshalb 1950 auf Vorschlag der USA durch die sogenannte „Uniting for Peace Resolution“ der Vollversammlung das Recht übertragen wurde, im Falle der Lähmung des Sicherheitsrats den Generalsekretär zu beauftragen, Maßnahmen zur Erhaltung des Friedens zu ergreifen. So war es zum Beispiel möglich, gegen das Veto Englands und Frankreichs UN-Streitkräfte zur Schlichtung der Suez-Krise (1956) zu entsenden. Nur selten konnte der Sicherheitsrat seine Aufgabe erfüllen, in einem sehr wichtigen Fall allein durch die Ungeschicklichkeit eines seiner Mitglieder, wobei dahinsteht, ob seine Entscheidung den Prinzipien der UN-Charta entsprach. Als Nordkorea 1950 in Südkorea einfiel, fehlte in den Sitzungen des Sicherheitsrates, der über eine Intervention der UNO entscheiden musste, die UdSSR. Sie hatte aus Protest gegen die Vertretung Chinas durch Taiwan an Stelle der Volksrepublik die Sitzungen boykottiert, Daher konnte eine Truppe aus 16 Staaten gebildet werden, deren Eingreifen allerdings – und hier zeigt sich wieder das Übergewicht der Großmächte – ohne die militärische Unterstützung der USA nicht die geringste Erfolgsaussicht gehabt hätte. Während die UN hier in einer kriegerischen Auseinandersetzung Partei bezog, gelang es ihr durch ihre Interventionen im Kongo, den Frieden wiederherzustellen, und in Zypern den Ausbruch von Kämpfen zu verhindern. Neben diesen Beispielen gibt es allerdings viele andere für Gelegenheiten, bei denen die Sachwalter der UN Friedensinitiativen versäumt und schwer wiegende Fehler begangen haben. Die Kämpfe in Nigeria und kürzlich in Pakistan forderten geradezu eine Intervention, die aber nicht einmal versucht wurde. Die UN verhielt sich hier ebenso passiv wie im Vietnam-Krieg und beim Einmarsch der UdSSR in die CSSR 1968. Andererseits kam es zu Fehlentscheidungen wie der Anordnung U Thants 1967, die UN-Truppen aus dem Gaza-Streifen und vom Golf von Akaba zurückzuziehen. Dadurch wurde es den Ägyptern erst möglich, den Golf zu sperren, was zum Ausbruch des Sechstagekrieges zwischen Israel und Ägypten beitrug. Die passive Zurückhaltung der UN hat das Vertrauen der Weltöffentlichkeit in ihre Fähigkeiten, den Frieden zu sichern, beträchtlich untergraben. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass selbst bei konsequenter Ausnutzung aller Interventionsmöglichkeiten der Rahmen der weltpolitischen Konstellation nicht gesprengt werden könnte. Die USA und die UdSSR, die beiden Machtpole, sind daran interessiert, sich außerhalb der UN und ohne Beteiligung Dritter zu verständigen. Deutliches Zeichen dafür ist nicht nur der „heiße Draht“, der zwischen den beiden Mächten zuallererst eingerichtet wurde, sondern vor allem die Tatsache, dass sie die Entscheidung über die Frage der Rüstungsbeschränkung den zwei seitigen SALT-Verhandlungen in Helsinki vorbehalten haben. Wollte die UN unabhängig von der Zustimmung der Großmächte ihre Ziele durchsetzen, so brauchte sie eine eigene Streitmacht. Die Gründer der Organisation sind jedoch – mit Recht – davon ausgegangen, dass die Einzelstaaten noch auf Jahrzehnte hinaus nicht das Bewusstsein entwickeln werden, hier auf einen – den wichtigsten – Teil ihrer Souveränität zu verzichten. Daher kann eine UN-Streitmacht nur dann aufgestellt werden, wenn die Mitgliedstaaten durch Ratifikation von Sonderabkommen den Sicherheitsrat dazu ermächtigen. Angesichts der beschränkten Wirkungsmöglichkeiten ist es verständlich, dass innerhalb der UN die Neigung zunimmt, sich abzukehren von der allgemeinen Weltpolitik und dafür mit größerer Intensität sich dem zweiten Aufgabenbereich, der Wirtschafts- und Sozialpolitik, zuzuwenden. Diese Entwicklung birgt Gefahren in sich, denn als Instanz möglicher Vermittlung, als Puffer zwischen einzelstaatlichen Interessen und als Gesprächsforum kann die Institution der Vereinten Nationen (bzw. die Vollversammlung als politisches Weltforum) zumindest dazu beitragen, die weltpolitischen Spannungen nicht unerträglich werden zu lassen. Andererseits besteht die Hoffnung, dass durch die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten im Weltmaßstab Zahl und Ausmaß möglicher Konflikte beschränkt werden. Berücksichtigt man die demokratische Schwerfälligkeit, mit denen eine Organisation wie die UN naturgemäß zu kämpfen hat, so konnte sie hier in den 25 Jahren ihres Bestehens immer hin so viel erreichen, dass sich ihre Gründung schon aus diesem Grunde gelohnt hätte. Es gibt heute kaum ein Lebensgebiet, auf dem nicht eine der vielen Kommissionen oder Unterorganisationen der UN sich betätigt. Wichtig ist dabei vor allem, dass ihre Arbeit besonders den Entwicklungsländern zugute kommt. Hauptschaltstelle der Entwicklungspolitik ist der Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) mit 18 Ländervertretern. Ihm unterstehen vier Regionalgruppen für Europa, Asien, Afrika und Südamerika so wie zahlreiche andere Kommissionen für besondere Aufgaben. Schließlich sind dem ECOSOC etwa 15 weitere Organisationen angeschlossen, von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Weltbank ·(IBRD) bis hin zum GATT (Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen) und dem Weltpostverein. Eine kleine Vorstellung von dem Umfang der in diesen Organisationen geleisteten Arbeit gibt ihr Budget: 1971 beträgt es für die UN selbst etwa 630 Millionen DM, für die ihr angeschlossenen zehn nichtselbständigen Organisationen fast 1,6 Milliarden DM. Damit werden nicht nur Funktionärsreisen und riesige Beamtenapparate bezahlt, sondern vor allem auch Aktionen wie die Versorgung der Palästina-Flüchtlinge, die Anschaffung von Medikamenten für Soforthilfe-Massnahmen, Programme der Geburtenregelung, Untersuchungen über Möglichkeiten der Kultivierung des Meeresbodens oder die Bekämpfung von Heuschreckeninvasionen sowie auch der einzige weltweit anerkannte internationale Gerichtshof in Den Haag. Die Feststellung trifft sicher zu, dass die UN heute nur noch zu weniger als 15 Prozent rein politische Funktionen erfüllt, während ihre Hauptarbeit darin besteht, an unzähligen Stellen der Welt ihre materiellen Mittel als Hilfsinstrument und Kommunikationsfaktor einzusetzen. Man könnte heute zwar die UNO auflösen, aber es hätte spürbare Folgen, wenn. ihre Hilfs- und Unterorganisationen ihre Arbeit beendeten. Diese Entwicklung kann nur als positiv bezeichnet werden, da jegliche Art friedlicher Kommunikation das Verständnis zwischen den Völkern fördert und Verständnisbereitschaft wiederum dazu beiträgt, dass die Sinnlosigkeit eines Krieges um so eher erkannt wird. Zweifellos ist hier aber ein sehr langsamer Prozess in Gang gesetzt worden. Die Gefahr bleibt bestehen, dass neue Kriege entfesselt werden. Daher ergibt sich für alle Staaten die lebenswichtige Aufgabe, durch die Art ihrer Stimmenabgabe in der UN, durch Resolutionen und Gespräche hinter den Kulissen, Druck auf potentielle Friedensstörer auszuüben und ihnen vor der Weltöffentlichkeit Rechenschaft abzuverlangen. Nur auf diese Weise werden sich die Vereinten Nationen zu einem wirksamen Instrument der Friedenssicherung entwickeln können. Hans-Jürgen Gratz 02.04.2023
Bleibt Abrüstung ein Wunschtraum? (1971)
Abgesehen vom Höhepunkt des zweiten Weltkrieges, an dem sich 68 Nationen beteiligten, ist in der Welt nicht so viel Geld in die Rüstung gesteckt worden wie heute. In den Jahren 1963 – 1970 haben die Staaten der Welt eintausend Milliarden Dollar in Waffen angelegt. Ein Wahnsinn ist das, wenn wir diese Zahlen der unvorstellbaren Armut in den meisten Teilen der Welt gegenüberstellen: allein 1969 betrugen beispielsweise die Rüstungskosten genauso viel wie das Gesamteinkommen von einer Milliarde Menschen in Südamerika, Ostasien, und dem Nahen Osten. Zwar entfällt der größte Teil dieser Kosten auf die beiden Supermächte USA und UDSSR mit ihren Militärbündnissen (Nato und Warschauer Pakt verschlingen 80% der Welt-Rüstungskosten); doch viel härter trifft die Last der Rüstungskosten die Armen der Welt: Sie wenden zum großen Teil mehr als 10% ihres Volkseinkommens für Rüstung auf. Konsequenz: Die meisten Entwicklungsländer geben mehr für Waffen aus als sie an Wirtschaftshilfe erhalten mit der Wahrscheinlichkeit, für immer Entwicklungsländer zu bleiben. Diese Situation steht in keinem Verhältnis zu den weltweiten Abrüstungs-Anstrengen, die seit fast 1o Jahren unternommen werden. Wir blicken zurück: Seit Anfang 1962 tagen – als Mitglieder oder als Beobachter – die wichtigsten Staaten des Warschauer Pakts, der Nato und der Unabhängigen im Rahmen der sog. Genfer Abrüstungskonferenz; im Jahre 1963 wurden zwei Abkommen geschlossen: Über den heißen Draht zwischen Washington und Moskau und über den Atom-Teststopp (der inzwischen von weit über 100 Nationen unterzeichnet wurde); außerdem wurde ebenfalls 1963 eine UNO-Resolution verabschiedet, die jegliche Verwendung nuklearer Waffen im Weltraum verbietet. Schließlich führen seit November 1969 die zwei Supermächte USA und UDSSR die SALT-Gespräche (SALT = Strategic Arms Limitation Talks, d. h. Gespräche zur Begrenzung Strategischer Waffen), seit März diesen Jahres zum vierten Mal. Warum nur blieben alle diese „Bemühungen“ ohne Ergebnis? Man kann es auf einen einfachen Nenner bringen: Die Großmächte trauen einander nicht – mit Recht, und dieses Misstrauen färbt auf ihre Bündnispartner ebenso wie auf die unabhängigen Staaten ab. Bei aller Verschiedenheit ihrer ideologischen Systeme sind sich die beiden Großmächte nämlich in einem sehr ähnlich: Sie fühlen sich nur sicher, wenn sie gewiss sein können, ihren gegenseitigen Besitzstand, eingeschlossen die ihnen durch Bündnisse oder sonstige Einflussmöglichkeiten (sogenannte Interessengebiete) verbundenen Staaten, nicht zu verlieren. Dieser Großmachtchauvinismus verbietet Ihnen Zugeständnisse, die dem Gegner einen, wenn auch nur denkbaren, Vorteil verschaffen könnten. Zwei Bespiele sollen das veranschaulichen: Strategische Waffen sind nach einer frühen SALT-Definition solche, mit denen man das Territorium des Gegners erreichen kann. Da die USA mit ihren in Europa stationierten Atomsprengköpfe tragenden Mittelstreckenraketen die UDSSR erreichen, umgekehrt jedoch nicht, wollen die Russen diese Raketen in die Gespräche einbeziehen, wogegen die Nato-Partner der USA Sturm laufen, weil sie ihre Sicherheit in diesem Fall bedroht sehen. Ein anderes Beispiel für Interessengebiete: Der Nahost-Konflikt zwischen Israel und Ägypten. So bewegen sich die Gespräche, man möchte fast sagen naturgemäß im Kreis. Obwohl man seit Jahren weiß, dass jede Großmacht eine zigfache Overkill-Kapazität (Overkill steht für mehr als einmal töten) besitzt, wachen die Großmächte eifrig darüber, dass der andere nicht ein System aufbaut, welches das eigene Abwehr- und Angriffssystem egalisiert. Gerade sind beispielsweise die Amerikaner dabei, ein 5o Mrd. Dollar schweres Programm zu entwickeln, das die sowjetischen S89-Raketen, die wiederum die amerikanischen Minuteman-Raketen zerstören können, unschädlich machen kann. Diese Erklärung für die nur mit scheinbarem bzw. geringem Interesse auf beiden Seiten betriebenen Abrüstungsverhandlungen, erscheint realistischer als das immer wiederkehrende Argument, die Rüstung – insbesondere in den USA – müsse sein, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Gerade die gegenwärtige Situation in den USA mit einer auf Hochtouren laufenden Kriegsindustrie auf der einen und hohen Arbeitslosenziffern im Innern in Verbindung mit einer chronischen Zahlungsbilanzschwäche nach außen zeigt das Gegenteil. Anders dagegen ist die Überlegung zu beurteilen, dass jede Armee eine Stütze für die etablierte Macht bedeutet. Sowohl der Kriegsschauplatz Vietnam als auch der Einfall in die CSSR 1968 setzten zuallererst die Interessen der etablierten Staatsmacht durch. Griechenland, Spanien – man könnte die Aufzählung beliebig lange fortsetzten – sind in sich weitere Beispiele. Das Militär bekommt dadurch ein starkes – eigentlich ungerechtfertigtes – Eigengewicht. Der Staat muss dem wiederum durch seine bevorzugte Behandlung, sprich finanzielle Mittel, Rechnung tragen – möglichst mehr Mittel natürlich als der potentielle Gegner gerade aufgewendet hat. Die mangelnde Abrüstungsbereitschaft hat demnach nicht nur außenpolitische (Machtchauvinismus) sondern auch innenpolitische (Sicherheitselement) Gründe. Im K leinen gilt dies auch für die Entwicklungsländer, die – ob sie wollen oder nicht – von dem schlechten Beispiel der Großen angesteckt werden und denselben Denkschemata verfallen. Diese Situation erscheint unveränderbar solange die beiden Weltideologien Kapitalismus und Kommunismus durch ihre riesigen Machtzusammenballungen die Weltpolitik beherrschen. Wie könnten wir nun eine Verbesserung dieses Zustandes erwarten. Etwa durch zwischenstaatliche Vereinbarungen? Zweiseitige Verträge – werden gebrochen, etwa wenn ein Vertragspartner es wie die Geschichte zeigt, für richtig (günstig) hält. Mehrseitige Verträge sind ebenso unsicher. Es bleibt die Unterwerfung unter internationalen Kontrollen bzw. der Beitritt zu den von internationalen Kontrollorganen aufgestellten Richtlinien, die Abrüstungsfragen ebenso wie Verhaltensweisen in Krisensituationen regeln können. Eine solche internationale Organisation gibt es bereits. Es ist die UN. Einen Teil der erwähnten Bestimmungen hat sie sogar schon erlassen. Doch die UN hat keine Macht; sie hat sogar noch moralisches Gewicht verloren seit dem zweiten Weltkrieg – wir brauchen uns nur an ihr Verhalten während der Tragödien in Nigeria und Biafra und letztlich in Pakistan zu erinnern. Die UN hat allerdings nur teilweise selbst schuld an dieser Entwicklung. Solange nämlich so bedeutende Staaten wie die Volksrepublik China und die beiden Deutschland nicht Mitglieder sind und solange die Nichtsupermächte sich in gegenseitigen Querelen innerhalb und außerhalb der UNO erschöpfen – solange erscheint wenig Aussicht auf mehr hoffen zu dürfen als ein Lavieren immer am Rande eines die Welt umspannenden neuen Krieges entlang. Hans-Jürgen Gratz, Wochenschau 0 / 1971