Philosophie & (Un-)Gewöhnliches
Erich Fromm – größter Sozialphilosoph unserer Zeit
‚Die Auffassung von seelischer Gesundheit stimmt im Wesentlichen mit den von den großen geistigen Lehrern der Menschheit geforderten Normen überein. Und es spricht für diese Schlussfolgerung, dass an den verschiedensten Orten unseres Erdballs und in den verschiedensten geschichtlichen Epochen die die gleichen Normen verkündet haben und dabei kaum oder überhaupt nicht voneinander beeinflusst waren. Echnaton, Moses, Konfuzius, Laotse, Buddha, Jesaja, Sokrates und Jesus haben mit nur geringen und unwesentlichen Unterschieden dieselben Normen für das menschliche Leben verkündet.‘ (Fromm S. 52). Erich Pinchas Fromm (* 23. März 1900 in Frankfurt am Main; † 18. März 1980 in Muralto, Schweiz) war ein deutschamerikanischer Psychoanalytiker, Sozialpsychologe und Philosoph. In Frankfurt studierte er zunächst Rechtswissenschaft und wechselte dann zum Soziologiestudium an die Universität Heidelberg, wo er 1922 bei Alfred Weber promovierte. Ende der 1920er Jahre begann er im Berliner Psychoanalytischen Institut bei einem nichtärztlichen Freud-Schüler eine Ausbildung zum Psychoanalytiker, praktizierte, da er kein Mediziner war, als sogenannter Laienanalytiker in Berlin, und vertrat von da an einen humanistisch-demokratischen Sozialismus. Von der Idee des Zionismus wandte er sich ab und gab auch seine orthodox-jüdische Lebensweise auf. Ab 1930 war er am Frankfurter Institut für Sozialforschung Leiter der Sozialpsychologischen Abteilung. Zugleich gehörte er dem Berliner Zirkel marxistischer Psychoanalytiker an. Über Genf emigrierte er 1934 in die USA, deren Staatsbürgerschaft er später annahm, und ging zur Columbia University New York. Ab 1950 lehrte an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Ab 1957 beteiligte er sich an der US-amerikanischen Friedensbewegung und war Mitglied der Sozialistischen Partei Amerikas. Das FBI führte eine mehr als 600 Seiten umfassende Akte über ihn. 1965 wurde Fromm emeritiert. Seine Beiträge und Bücher haben ihn zum vielleicht wichtigsten Sozialphilosophen unseres Jahrhunderts gemacht, und viele von ihnen wurden zu Bestsellern, so Die Kunst des Liebens (1956) und Haben oder Sein (1976). Ich besitze noch den kleinen Pappband (50 Seiten) mit dem Sozialpsychologischen Teil seiner Autorität und Familie (1936). Ich hatte ihn als Student gekauft und vergessen, bis ich vor wenigen Monaten auf den Doppelband Wege aus einer kranken Gesellschaft (1955) und Die Revolution der Hoffnung (1968) stieß. Dort ist es mir ähnlich wie vielleicht Luther nach seinem Studium der Bibel gegangen. Ich kann nahezu jeden seiner Sätze unterschreiben. Wenn ich hieraus öfter zitiere, dann mit ‚Fromm S… .‘ Nirgendwo habe ich zuvor eine ebenso überzeugende wie deutliche Zusammenfassung der Entwicklung unserer menschlichen Rasse aus der Natur und die daraus entstandenen Folgen gefunden; und dabei habe ich den zweiten Band noch gar nicht zu Ende gelesen. Schon im Vorwort des ersten Bands lese ich: ‚Die grundlegenden Leidenschaften eines Menschen wurzeln (gegensätzlich zu Freud) nicht in seinen triebhaften Bedürfnissen sondern in den spezifischen Bedingungen der menschlichen Existenz, im Bedürfnis, eine neue Beziehung zum Menschen und zur Natur zu finden, nachdem er seine ursprüngliche Beziehung im vormenschlichen Stadium verloren hat.‘ (Vorwort S.5) Aufgrund von Tabellen über die Häufigkeit von Mord, Selbstmord und Alkoholismus in den wichtigsten westlichen Ländern fragt sich Fromm, ‚ob nicht in Bezug auf unsere Lebensweise und die Ziele, die wir uns gesetzt haben, etwas grundsätzlich falsch ist. Könnte es sein, dass das Wohlstandsleben der Mittelklasse zwar unsere materiellen Bedürfnisse befriedigt, uns aber das Gefühl einer intensiven Langweiligkeit gibt und dass Selbstmord und Alkoholismus (heute würde er sich der ständigen Handygebrauch hinzufügen) pathologische Auswege sind ….und dass sie zeigen, dass die moderne Zivilisation es nicht fertigbringt, die tiefen Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen?‘ (1, S.12) Fromm folgert daraus eine recht aktuellen Feststellung: ‚Heute begegnen wir einem Menschen, der wie ein Automat handelt und fühlt, der niemals erlebt, was wirklich zu ihm gehört, der sich ganz als die Person erlebt, die er seiner Ansicht nach sein sollte, dessen künstliches Lächeln an die Stelle eines echten Lachens getreten ist, dessen sinnloses Geschwätz die der Mitteilung dienende Sprache ersetzt,….Man kann bei einem solchen Menschen…..feststellen. dass er sich nicht wesentlich von Millionen Anderer unterscheidet, die sich in der gleichen Lage befinden. (1 S.15) Fromms Ergebnis ist die seelische Gesundheit als die uns Menschen angemessene und überlebenswichtige Lebensform: ‚Zusammenfassend kann man sagen, dass sich der Begriff seelische Gesundheit aus den Bedingungen der menschlichen Existenz selbst ergibt und dass es für alle Menschen gilt, unabhängig von allen Zeiten und Kulturen. Seelische Gesundheit ist gekennzeichnet durch die Fähigkeit zu lieben und etwas zu schaffen, durch die Loslösung von der inzestuösen Bindungen an Klan oder Boden, durch ein Identitätserleben das sich durch die Erfahrungen seiner selbst als dem Subjekt und dem Urheber der eigenen Kräfte gründet, durch das Begreifen der Realität innerhalb und außerhalb von uns selbst, das heißt durch die Entwicklung von Objektivität und Vernunft.‘ (4, S. 52). ‚Die Auffassung, dass die seelische Gesundheit sich objektiv bestimmen lässt, und dass die Gesellschaft sowohl einen fördernden als auch einen schädlichen Einfluss auf den Menschen ausübt, widerspricht …… Auffassungen. Die heute populärste möchte uns einreden, dass die gegenwärtige westliche Gesellschaft und insbesondere der American way of life den tiefsten Bedürfnissen der menschlichen Natur entspricht, und dass die Anpassung an diese Lebensweise Gesundheit und seelische Reife verspricht. Anstatt sich zu einem Werkzeug der Gesellschaftskritik zu machen, werden die Sozialpsychologen hierdurch zu Apologeten des status quo. Ihr Vorstellung von ‚Reife‘ und ’seelischer Gesundheit‘ entspricht der wünschenswerten Einstellung eines Arbeiters oder Angestellten in der Industrie oder der Geschäftswelt.‘ Fromm zitiert dazu einen dieser Sozialkollegen: „Ich definiere die Reife als die Fähigkeit, es bei einem Job auszuhalten, als die Fähigkeit, bei jedem beliebigen Job immer bessere Leistungen zu zeigen als verlangt werden, als Zuverlässigkeit, als Ausdauer bei der Ausführung eines Plans ohne Rücksicht auf auftretende Schwierigkeiten. als die Fähigkeit, mit anderen Menschen in einer Organisation oder unter einer Autorität zusammen zu arbeiten, als die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, als Lebenswille, als Wendigkeit, Unabhängigkeit und Toleranz.“ ‚Für diesen Autor wie für viele andere, die denken wie er, ist Reife gleichbedeutend mit Anpassung an unsere Gesellschaft, wobei niemals die Frage gestellt wird, ob man sich an eine gesunde oder kranke Lebenswiese anpassen soll.‘ Fromm geht dann auf die Freud’sche These ein, ‚dass zwischen der menschlichen Natur und der Gesellschaft ein grundsätzlicher und unauflöslicher Widerspruch besteht, der aus der angeblich asozialen Natur des Menschen folgt. Entsprechend dem Bild des Menschen mit seinem ihm angeborenen Verlangen nach uneingeschränkter Destruktion musste Freud den Konflikt zwischen Kultur und seelischer Gesundheit und menschlichem Glück für unvermeidlich halten…Der Mensch sieht sich vor die tragische Alternative gestellt, zwischen seinem Glück, das sich auf die uneingeschränkte Befriedigung seiner Triebe gründet, und der Sicherheit und den kulturellen Leistungen zu wählen, die auf dem Triebverzicht basieren und daher zur Neurose und allen anderen Formen seelischer Erkrankung führen.‘ (Fromm S.55-57). ‚Ob ein Mensch gesund ist oder nicht, ist in erster Linie keine individuelle Angelegenheit, sondern hängt von der Struktur seiner Gesellschaft ab. Eine gesunde Gesellschaft fördert die Fähigkeit des einzelnen, seine Mitmenschen zu lieben, schöpferisch zu arbeiten, seine Vernunft und Objektivität zu entwickeln und ein Selbstgefühle zu besitzen, das sich auf die Erfahrung der eigenen produktiven Kräfte gründet. Ungesund ist eine Gesellschaft, wenn sie zu gegenseitiger Feindseligkeit und zum Misstrauen führt, wenn sie den Menschen in ein Werkzeug verwandelt, das von anderen benutzt und ausgebeutet wird, wenn sie ihn seines Selbstgefühls beraubt und es ihm nur insoweit lässt, als er sich anderen unterwirft und zum Automaten wird Die Gesellschaft kann beide Funktionen erfüllen. Sie kann die gesunde Entwicklung fördern und sie kann sie behindern. Tatsächlich tun die Gesellschaften beides, und die Frage ist nur, in welchem Maß und in welcher Richtung sie ihren positiven und negativen Einfluss ausüben‘. (Fromm S.55).
04.08.2022 Schuldgefühle durch Anderssein
Mein mentaler Ernährer Erich Fromm erläutert die Schuldgefühle des heutigen Menschen: „Anders zu sein als die übrigen, nicht völlig angepasst zu sein, bewirkt, dass man gegenüber dem großen Man ein schlechtes Gewissen hat. Und sein eigenes Gewissen? Er fühlt seine Gaben und Talente, seine Fähigkeit zu lieben, zu denken, zu lachen, zu weinen, zu staunen und etwas zu schaffen. Er fühlt, dass das Leben die einzige Chance ist, die ihm gegeben wurde, und dass er alles verloren hat, wenn er sie sich entgehen lässt. Er lebt in einer Welt mit mehr Komfort und Behaglichkeit als sie seine Vorväter je kannten, und doch fühlt er, dass ihm das Leben wie Sand durch die Finger rinnt, wenn er hinter immer mehr Komfort herjagt. Er kann nicht umhin, sich schuldig zu fühlen, weil er sein Leben verschwendet und seine Chance verspielt……weil er selbst ist und weil er nicht selbst ist, weil er lebendig ist und weil er ein Automat ist, weil er eine Person ist und weil er ein Ding ist. Der entfremdete Mensch ist unglücklich. Der Konsum von Vergnügen dient ihm dazu zu verhindern, dass ihm sein Unglück bewusst wird. Er versucht, Zeit zu gewinnen und bemüht sich trotzdem, die gewonnene Zeit wieder totzuschlagen……Es fehlt ihm der immer neue Zustrom von Energie, der aus einer produktiven Beziehung zur Welt stammt. Da er keinen Glauben besitzt, da er für die Stimme des Gewissens taub ist und zwar über eine manipulative Intelligenz, aber über wenig Vernunft verfügt, ist er verwirrt, unruhig und bereit, jeden zum Führer zu ernennen, der eine totale Lösung verspricht.“ (Fromm S.146 f.) .
03.04.2022 Erich Fromm – Der Vordenker
Diesen unglaublichen Sozialphilosophen schätze ich überaus (vergl. meinen Beitrag im Themas ‚Und Mehr‘ und dort unter ‚Philosophie und (Un-)Gewöhnliches‘). Kürzlich habe ich sein kleines Buch „Über die Liebe zum Leben“ geschenkt bekommen, bei der Büchergilde 1983 erschienen. Wer in die Welt von Fromm schon mal einsteigen will, findet hier auf 180 Seiten sozusagen die Quintessenz seiner Philosophie und Gedankenwelt zusammengefasst. Einen besonders eindrucksvollen Abschluss bilden die letzten 60 Seiten. Dort lernen wir durch Hans-Jürgen Schultz (1928 – 2012, Journalist, Autor und von 1962 bis 1991 Chefredakteur des Süddeutschen Rundfunks), den Menschen Fromm in einem beeindruckenden Frage- und Antwort-Interview auch etwas persönlich kennen.
05.05.2022 Die Pressefreiheit – unsere vierte Gewalt
Die Anfänge des Journalismus reichen vierhundert Jahre zurück, als die ersten Zeitungen gedruckt wurden. Seitdem ist der Journalist zu einer der wichtigsten Institutionen der Gesellschaft geworden, die man zu Recht neben Parlament, Verwaltung und Rechtsprechung als vierte Gewalt bezeichnet. Die Pressefreiheit, nämlich die Freiheit, ungehindert zu recherchieren, die Ergebnisse in einem Medium zu veröffentlichen und den Bürger damit konfrontieren zu können, zeichnet Staaten aus, die sich als Demokratie sehen. Daher ist jeder der Menschen, der diese Ergebnisse irgendwo oder in einem Medium der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, ein Journalist. Das gilt für den Profi in der Zeitung, dem Fernsehen oder der digitalen Welt als Blogger ebenso wie die in den zahlreichen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und den inzwischen zahlreichen investigativen Gruppen arbeitenden Menschen. Es ist daher ein Glück für uns, dass es diese Menschen gibt, die professionell und zum Teil unentgeltlich versuchen, einige der weltweit unglaublich vielen Fehler und Unrechte aufdecken, um dadurch Schaden und Unrecht vom Staat, Gruppen oder gar einzelnen Menschen abzuwenden. Die Pressefreiheit hilft der Wahrheit und ist einer der vier Eckpfeiler einer Demokratie. Auch wenn wir wegen verstärkter Pöbelleihen (‚Lügenpresse‘), gewaltsamen Angriffen (83 im Jahr 2021) und Feindeslisten im Internet gegen Journalist*innen in der neuen Rangliste der weltweiten Pressefreiheit gerade drei Plätzen auf Rang 16 gerutscht sind. Wir gehören doch zu den Staaten, in denen die vierte Gewalt sich behaupten kann. Und das ist sehr wichtig. Denn in immer mehr Staaten, die von einzelnen Despoten oder einer mehr oder weniger großen Gruppe (Familie bis politische Partei) beherrscht werden, sind Gewalt gegen Alle, die anders denken oder Kritik an den Machthabern üben, die Regel. Daher müssen internationale Institutionen wie die Vereinten Nationen (UN) und der Internationale Gerichtshof (IGH) durch entsprechende Übereinkommen noch mehr Gewicht bekommen. Sie werden ja nicht einmal von allen Großmächten anerkannt – ein Armutszeugnis.
30.10.2021 Ein Vorbild: Alberto Mujica Cordano (El Pepe) aus Uruguay
Ein Erdklumpen mit Füßen, so beschreibt er sich (Jahrgang 1935) gerne selbst. Und das sagt schon einiges, wenn nicht gar alles aus über diesen José Mujica. Erstens nimmt er sich nicht zu wichtig. Und zweitens weiß er das politisch zu nutzen. Sich nicht zu wichtig zu nehmen, ist in seiner Branche ein Alleinstellungsmerkmal. Mujica hat Karriere gemacht. In den Sechzigern kämpfte er an vorderster Front der Stadtguerilla Tupamaros. Zu Zeiten der Militärdiktatur saß er Jahrzehnte im Foltergefängnis. Nach seiner Befreiung begann er, Blumen zu züchten. Mit 74 Jahren wurde er zum Staatsoberhaupt von Uruguay gewählt. Mit 79 hat er aufgehört. Die uruguayische Verfassung verbietet dem Präsidenten eine direkte Wiederwahl. Uruguay geht es verhältnismäßig gut, wenn man sich das übrige Südamerika ansieht. Die Wirtschaft wächst, die Armut sinkt, das kleine Land am Rio de la Plata ist ziemlich immun gegen die Krisen, die fast die ganze Region erfasst hat. Mujica hat politisch vieles umgesetzt, liberale Bürgerrechtsgesetze vor allem. Er hat die Abtreibung entkriminalisiert, die Homo-Ehe eingeführt, Marihuana legalisiert und entlassenen US-Häftlingen aus Guantánamo Asyl gewährt. Sein Land ist eine Demokratie, und Journalisten können dort unbehelligt ihrem Beruf nachgehen. Als gefeierter Popstar der lateinamerikanischen Linken wird er von den Konservativen weltweit natürlich angefeindet. Er lebt noch immer in seinem bescheidenen Bauernhaus in der Nähe der Hauptstadt, fährt seinen alten VW-Käfer, und genießt sein Leben als Blumenzüchter. Fest steht, dass es sich um einen der eigenwilligsten Spitzenpolitiker dieser Zeit handelt. So schlau wie schnoddrig, so kühn wie komisch. Einer, der angeblich kein Handy und keine Kreditkarte besitzt, der 90 Prozent seines Gehalts für wohltätige Zwecke spendet, der Barack Obama im Weißen Haus ohne Krawatte besucht und hinterher mitteilt: “Ein alter Lappen, der um meinen Hals baumelt, das sagt nichts aus.” Als er 1979 eine Bilanz seiner Regierungszeit zog, sagte Cordano: “Kann sein, dass ich ein Agitator bin. Es werden andere kommen, die es besser machen.” Diese Fähigkeit zur Selbstkritik, ja zur Selbstironie ist es wohl, die ihn neben seinem Durchhaltevermögen am deutlichsten von allen anderen linken Präsidentinnen und Präsidenten in Lateinamerika absetzt. Er hat den Genossen von Argentinien bis nach Kuba bewiesen, dass es so etwas wie einen pragmatischen Reformkurs geben kann. Ein Sozialismus, der Kompromisse kennt. Das ist nicht die schlechteste Hinterlassenschaft
2.04.2023 Demokratischer Schandfleck: Julian Assanges Haft
Der in einem demokratischen Staat (Großbritannien) seit 2014 in Auslieferungshaft sitzende Wiki-Leaks Gründer Julian Assange wird nicht entlassen, weil er die Verbrechen eines anderen demokratischen Staats aufgedeckt hat. Viele gut gemeinte Proteste für seine Freilassung weltweit sind ins Leere gelaufen, weil die noch immer als Muster der Demokratie geltenden USA geschützt werden müssen – warum eigentlich? Weil er wegen der Aufklärung von Verbrechen der USA dort als Verbrecher – wohl zu lebenslanger Haft – verurteilt werden soll. So klagte sogar schon der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer, dass er nur noch aus einem Alptraum aufwachen konnte, nachdem er sich in den Fall Assange eingearbeitet hatte. Und kein anderer unserer ‚demokratischen‘ Staaten will ihm Asyl gewähren. Es ist eine Affenschande, was sich unsere so demokratisch gebenden Politiker da erlauben. Sie ist mit dem Begriff ‚Rechtsbeugung‘ nur ungenügend beschreibbar. Ich jedenfalls schäme mich als Deutscher für dies Verhalten meiner Regierung. Und als chinesischer Politiker würde ich auf Vorwürfe wegen der Behandlung meiner Uiguren nur antworten: Kehren Sie doch erst einmal vor der eigenen Tür. Wie ich wünschen jetzt viele Menschen den 48 Abgeordneten und Senatoren des australischen Parlaments Erfolg mit ihrem Schreiben an den Justizminister der USA. Sie fordern ihn auf, die Verfolgung ihres Landsmannes (Assange ist Australier) einzustellen, weil sie sonst die einen gefährlichen Präzedensfall schaffen und dem Ansehen der USA schaden würden. Letzteres ist ja bereits Fakt.
29.10.2021 PEN-Ehrenmitglied Assange
Meine Empörung über die unwürdige Behandlung dieses außergewöhnlichen Journalisten habe ich schon in meinen Beiträgen vom 25.5. und 30.9.2021 zum Ausdruck gebracht. Jetzt hat das deutsche PEN-Zentrum, die überaus renommierte Deutsche Schriftstellervereinigung, ihn zum Ehrenmitglied ernannt, und fordert seine unverzügliche Freilassung. Für Großbritannien, für viele von uns noch immer ein Hort der Demokratie, ist die schon zwei Jahre währende Auslieferungshaft eine einzige Schande. Hoffentlich besinnt sich die dortige Justiz darauf. Wie zum Hohn hat gerade ein Whistleblower (angeblich ehemaliger Mitarbeiter der Deutschen Bank) von der US-Kontrollbehörde CFTC eine Belohnung von $ 200 Mio für seine Informationen über verbotene Bankgeschäfte erhalten.
28.10.2021 Wichtiger Rückblick auf die Black Panthers Party
Für viele Ältere ist die Erinnerung an diese 1966 in den USA zur Selbstverteidigung gegründete Organisation mit Terror verbunden. So jedenfalls wurde uns das von den Medien vermittelt, die Darstellungen der US-Regierung meist kritiklos übernahm. Dabei war es etwas ganz Anderes, wie Auszüge aus ihrem damaligen Programm belegen: ‚Wir fordern Freiheit und die Macht, das Schicksal der Schwarzen und unterdrückten Gemeinschaften zu bestimmen. Wir fordern ein Ender der kapitalistischen Plünderung von Schwarzen und unterdrückten Gemeinschaften. Wir fordern anständige für Menschen angemessene Unterkünfte. Wir fordern Bildung……die uns unsere wahre Geschichte und unsere Rolle in der heutigen Gesellschaft lehrt. Wir fordern eine kostenlose Gesundheitsvorsorge…..Wir fordern ein sofortiges Ende der Polizeigewalt und der Ermordung von Schwarzen, anderen Farbigen und allen unterdrückten Menschen im Land. Wir fordern ein Ende aller Angriffskriege. Wir fordern……Gerechtigkeit, Frieden und die Kontrolle der Menschen über die moderne Technologie.‘
Zwar wurden die Black Panthers für die amerikanischen Linken zu Idolen, doch für die Regierung zu Staatsfeinden. Allein zwischen 1967 und 1970 wurden von der Polizei rund 40 ihrer Mitglieder getötet und viel Andere schwer verletzt. Das führte zur Zerschlagung der Partei. Es bildete sich ein militärischer Arm, aber 1982 war es zu Ende. Doch ihr Grundsatz: ‚Ohne soziale Gleichheit kein sozialer Frieden‘ ist heute nicht nur in den USA so aktuell wie damals.
03.05.2022 Der Schlaf
Wir verbinden ihn meist damit, was wir dort erleben: Träume sind Schäume. Diese seit Generationen übliche Redensart beinhaltet für die Mehrzahl der Menschen auch heute noch das, was uns mit dem Schlaf verbindet. Und diese Zeit dauert immerhin ein Drittel des gesamten Tages. Eine Vielzahl von Schlafforschern beschäftigt sich daher seit Jahrhunderten mit unseren Träumen. So erleben wir nach dem von mir überaus geschätzten Erich Fromm dort unsere eigentliche Welt, aber losgelöst von allem, was uns täglich aus Gewohnheit, Kultur, Umgebung und Zwang so denken und handeln läßt, wie wir handeln. Doch für unser bewusstes Leben außerhalb des Traumes ist es wichtig zu wissen, warum wir überhaupt schlafen. Und dafür gibt es handfeste physiologische Gründe. Längst gehen die Wissenschaftler davon aus, dass unser Bedürfnis nach Schlaf genauso wichtig ist wie das nach Essen, Trinken und Bewegung. Ihre Untersuchungen zeigen, dass der Schlaf tatsächlich überlebenswichtig ist. Das zeigen Berichte über Folter durch Schlafenzug, und es leuchtet jedem ein, der schon mal längere Zeit ohne Schlaf auskommen mußte. Und ist auch nicht etwa die Entspannung, die unser Gehirn benötigt, sondern im Schlaf regeneriert es sich und spült sich sozusagen durch, vergleichbar mit einer Putzkolonne, die nachts in den tagsüber mit intensivem Leben gefüllten Räume Alles wieder in Ordnung bringt. Erinnerungen und Erfahrungen werden gespeichert, unser Gehirn ist hochaktiv. Und Versuche mit Nagetieren legen nahe, dass eine weitere Funktion des Schlafs darin besteht, das Gehirn von schädlichen Stoffwechselprodukten zu reinigen und dadurch die Gesundheit der Neuronen zu erhalten. Aber auch wenn wir inzwischen zwischen Normal- (REM-) und Tiefschlafphasen (NRE) mit zwei Grad tieferen Temperaturen unterscheiden können, wissen wir noch immer nicht genau, warum wir schlafen. Herausgefunden für uns haben aber die Wissenschaftler, dass Schlafmangel einer der Indikatoren für eine spätere Alzheimer-Erkrankung ist und Menschen, die wenig schlafen und stattdessen mehr arbeiten, eher zu Erkrankungen neigen. Sieben bis neun Stunden Schlaf sollten es sein.
02.05.2022 Das Glück des Herrn Middelhoff
Er war der Topmanager Deutschlands, lebte ein Leben im Luxus. Doch dann kam der tiefe Fall: 2014 wurde er wegen Untreue zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt und verlor danach fast alles. Als einer der einflussreichsten Manager Deutschlands, erst als Chef des Medienriesen Bertelsmann, später als Vorstandsvorsitzender des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, lebte er in Luxus mit millionenteurer Villa und Yacht. Auf dem Zenit seiner Karriere dann der Absturz: Erst die Verurteilung zu drei Jahren Haft wegen Veruntreuung, dann der Verlust seines Vermögens durch eine Privatinsolvenz, die Scheidung nach 45 Ehejahren und eine schwere Immunkrankheit. In seinem Interview im FOCUS 2021 sagt er, dass ihm nun viele Dinge sehr viel klarer geworden sind. Er habe sich von vielen Dingen frei machen können: Von Konsum oder Konsumsymbolen, von Statussymbolen: ‚Früher war mir Reputation wichtig. Sie ist mir genommen worden, ich habe sie verspielt. Die Meinung Dritter war mir sehr wichtig. Auch hier habe ich mich frei machen können. Die geistige Freiheit, die ich sonst nicht vor Augen hatte, war eine ganz besondere Erfahrung für mich. Ich kann nur jedem raten, dass er sich selbst frei macht von weltlichen Statussymbolen. Braucht man notwendigerweise eine Yacht, um glücklich zu sein? Rückblickend ist meine Erkenntnis: Nein, braucht man nicht. Habe ich eine Yacht, bin ich natürlich im Vorteil gegenüber vielen anderen. Ich könnte dann sagen: „Ich habe eine Yacht gehabt und könnte hinzufügen: Die Yacht macht nicht glücklich oder frei. Sie hinterlässt im Prinzip auch Leere. Durch Konsum und Anschaffung großer Dinge und Investitionen, hat man keine Zunahme an Glück. Das hat mich das Leben gelehrt“ Doch welcher (ehemalige) Y gibt das wohl zu, falls er überhaupt darüber reflektiert.
05.07.2022 Hadamar und die Angst
Während mein Vater im Krieg war, wurde meine Mutter, Allgemeinärztin in Frankfurt, 1941 mit ihren vier Kindern in die Praxis des eingezogenen Dr. Hahn in die südlich von Camberg bzw. Hadamar gelegene Gemeinde Niederselters beordert, wo sie in den folgenden fünf Jahren mehrere Dörfer rundum versorgte. Bei unseren späteren Diskussionen über die Nazizeit erzählte sie mir, dass damals mehrere Patienten sie auf erstaunlich viele Tote eines Krankenhauses in Hadamar hingewiesen hätten. Darauf angesprochen habe der damals amtierende NS-Ortsgruppenleiter die vielleicht kriegsbedingte höhere Sterblichkeit in der dortigen Heilanstalt als Ursache genannt. Da die von ihren Patienten erzählten Gerüchte darüber zunahmen, habe sie ihn nochmals um eine Erklärung gebeten. Seine Antwort: „Sie haben doch Kinder, Frau Doktor. Ich geben Ihnen den guten Rat, dieses Thema in Ihrem eigenen Interesse weder hier noch sonstwo anzusprechen.“ Sein Ton sei so hart gewesen, dass sie fortan geschwiegen hätte. Die Vielzahl der Gerüchte legen daher nahe, dass doch eine größere Zahl von Menschen vom dortigen Morden gewusst haben müssen.
12.08.2022 Jäger und Gejagte
Unter den Tieren, die für Jäger von Interesse sind, weil man sie erschießen kann, sind auch sehr viele, die als gefährdet gelten. Iltis, Wildkatze, Feldhase, Wolf gehören dazu und sollen nach den Plänen einiger Landesregierungen eine ganzjährige Schonzeit erhalten. Das betrachtet die Jägerschaft als ‚demotivierend‘, und zeigt damit ein beschämendes Verhalten im Hinblick auf die von ihr immer zur Schau gestellten Pflege und Hege des Reviers. Artenschutz und Biodiversität zählen nicht, wenn es ums Schießen geht, ganz abgesehen von Umweltschutz: 21.000 Tonnen Blei gelangen EU weit jedes Jahr in der Natur und vergiften über eine Millionen Vögel. Bleivergiftung ist u. a. eine der häufigsten Todesursachen von Seeadlern. Es ist für unsere Gesellschaft ein Armutszeugnis, dass Wildtiermanagement mit der Büchse noch immer erlaubt ist. Das Argument, dass ohne die Einnahmen aus der Revierpacht eine Bewirtschaftung des Waldes nicht zu stemmen sei, ist längst keines mehr und war eigentlich auch nie ein solches.
03.08.2022 Der Tiergartenmord
Der 2019 im Berliner Tiergarten durch drei Schüsse ermordete Zelimkhan Khanghoshvili war ein Georgier tschetschenischer Herkunft, ehemaliger Militärkommandeur der tschetschenischen Republik Ichkeria während des Zweiten Tschetschenienkrieges und georgischer Militäroffizier 2008 während des Zweiten Südossetischen Krieges. Da er angeblich Informationen zum Nutzen der georgischen Dienste lieferte, indem er russische Spione und Dschihadisten identifizierte, wurde er von den russischen Sicherheitsdiensten als Terrorist angesehen und in Russland gesucht. Nach mehreren Attentaten auf ihn in Georgien ersuchte er 2016 mit Frau und den vier Kindern Asyl in Deutschland. Seitdem lebte er hier wohl als ‚geduldet‘. Wenn es einen Zweifel am Lebenslänglich für den wegen heimtückischen Mordes an dem Georgier verurteilten Vadim Sokolov alias Vadim Krasikov 2020 gegeben hat, dann wurde er jetzt von Russland selbst ausgeräumt. Denn Putins Regierung, die im Strafverfahren jede Zusammenarbeit abgelehnt hatte, wünscht jetzt seinen Austausch gegen zwei in Moskau festgenommene US-Bürger, für die von der US-Regierung bereits ein wegen Waffenhandels verurteilter Russe angeboten worden war. Das beweist deutlich, dass dieser Krasikov aufgrund von Recherchen der wegen eines 2007 verübten Mordes verurteilte und dann mit neuen Identität versehene Sokolov war, und den Mord in staatlichen Auftrag begangen hat. Immerhin hatte Putin den Ermordeten als Banditen und Terroristen bezeichnet. Interessant ist, dass das Urteil weniger auf deutscher Polizei- und Geheimdienstarbeit beruht. Der BND hatte nach eigenen Angaben jahrelang Russland als Partner im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus gesehen und gebraucht, und daher erst vor zwei Jahren wieder ein neues Referat zur Aufklärung der russischen Dienste eingerichtet. Das Urteil beruht daher vor allem auf den Angaben eines Zeugen, der für Belingcat arbeitet. Das ist ein 2014 gegründetes und heute in Den Haag ansässiges Netzwerk mit einem Dutzend Angestellter und rund 60 freien Mitarbeitern. Es hat sich darauf spezialisiert, durch „Open Source Intelligence“ (OSINT), also frei verfügbare Quellen, wie etwa Satellitenbilder, Youtube-Videos oder Fotodatenbanken, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und andere Verbrechen zu untersuchen. Finanziert wird es nach eigenen Angaben durch Crowdfunding, durch Gelder von Stiftungen wie der niederländischen Lotterie-Stiftung und der Open Society Foundation. Auch werden Workshops angeboten, über Recherche-Methoden informiert und Behörden über Wege zur Strafverfolgung geschult. Joseph Beuys (1921-1986), bei der Abgeordnetenwahl 1980.
1.12.2023 Der Wölfersheim-Skandal
Es ist eigentlich kaum zu glauben. REWE, einer der größten Lebensmittelkonzerne der Republik, wirbt mit Produkten aus der Region und löst diesen Slogan auf seine Weise ein: Für seine Vorgabe, ein Zentrallager im Umkreis von 60 km um Frankfurt zu bauen, um die bisherigen Standorte in Rosbach und Hungen zusammenzulegen, hatte er zehn Angebote erhalten und sich bereits für eines entschieden. Da machte ihm der ehemalige Bürgermeister von Wölfersheim, Rouwen Kötter, inzwischen stellvertretender Leiter des Regionalverbands ein besonders günstiges Angebot für 25 Hektar besten Ackerbodens in seiner Gemeinde verbunden mit der Zusage, für die Umwandlung in Gewerbegebiet auch die Genehmigung des genau darüber entscheidenden Regionalverbands zu erhalten. Der winkte das auch durch. Sein Ortsparlament hatte er bereits in nicht öffentlicher Sitzung und ohne Anhörung der Bürger und der Nachbargemeinden auf Linie gebracht – Geld frißt Moral. Der Bürger fragt sich da, wie ein Großkonzern sich über die zahlreichen rechtlichen und sachlichen Bedenken hinwegsetzen kann, und er fragt sich weiter, welche Mauscheleien sich im Parlament des Regionalverbands abgespielt haben, da auch dort angeblich der von der Landesregierung vorgegebene prozentuale Zuwachs an Flächenverbrauch eingehalten wird. Die 110.000 qm große Halle würde dreimal länger und dreimal breiter als die schon riesige ehemalige Großmarkthalle in Frankfurt. Und was das Argument der Schaffung neuer Arbeitsplätze betrifft: In Hungen und Rosbach werden die REWE-Arbeitsplätze wegfallen. Das neue Lager wird mit modernster Logistik- und Lagertechnik ausgerüstet, wodurch sehr viel weniger Arbeitskräfte als bisher benötigt werden. Ob der Herr Kötter daran wohl gedacht hat? Der Bürger sieht nur, dass hier wieder eine Entscheidung gegen seine und die Interessen an Natur und Landschaftserhaltung und ausschließlich für den noch höheren Gewinn eines Großkonzerns getroffen wird. Herr Kötter und die verantwortlichen unredlichen Politiker sollten sich schämen. Der BUND hat gegen das Vorhaben geklagt und war immerhin vor dem Bundesverwaltungsgericht damit erfolgreich, dass eine mangelhafte Umweltverträglichkeitsprüfung mit der Folge eines vorläufigen Baustops festgesellt wurde.
16.9.2021 Hoffnung für Wölfersheim
In meinem Beitrag am 01.07 21 hatte ich über den Skandal in Wölfersheim berichtet, der im bereits genehmigten Bau eines Giga-Logistikzentrums von REWE auf 25 ha bestem Ackerland besteht. Der BUND hat dagegen geklagt. Am 25.3.2021 hat nun der VGH in Kassel in zweiter Instanz dem Eilantrag stattgegeben, die Bauarbeiten zu stoppen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Begründung: ‘Nach ausreichender summarischer Prüfung stellt sich die Baugenehmigung als offensichtlich rechtswidrig dar. Sie hat nach den Regelungen der Hessischen Bauordnung weder als Teilbaugenehmigung, noch als gestufte Baugenehmigung, noch als eigenständige Baugenehmigung erteilt werden dürfen und hat zudem Festsetzungen des Bebauungsplans unberücksichtigt gelassen.’ Dieser richtungsweisende Beschluss gibt Hoffnung, dass trotz des skandalösen Beschlusses der Regionalversammlung, die Bebauung zu genehmigen, wertvolles Ackerland erhalten bleibt und den für der Erhalt unserer Natur eintretenden Bürgern Recht zu geben.
25.08.2008 (Mein) Sinn des Lebens
In jeder Altersstufe ab dem Beginn seines konkreten Denkens macht der Mensch sich – immer wieder mal – Gedanken über den Sinn seines Lebens. Sollte der Mensch im Leben überhaupt einen Sinn sehen, was ja durchaus nicht zwingend ist, folgt im besten Falle die Überlegung, ob das bisherige Leben diesem Sinn, soweit er diesen überhaupt definieren kann, entspricht. Kann der Mensch diesen Sinn in etwa für sich definieren, tauchen gleich zwei Probleme auf: Einmal ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich das Ziel entsprechend dem eigenen Alter, den bisherigen Erfahrungen und neuen Erkenntnissen inzwischen verändert (hat). Zum anderen hat sich der Normalmensch spätestens in der dritten Dekade ein meist bürgerlich-soziales, sprich Ehe, Kinder u. ä., und überdies berufliches Korsett zugelegt mit dem Ergebnis, dass sich der Sinn des Lebens ganz von selbst ergibt. Ein Ausweg könnte nur in der Aufgabe zumindest vieler inzwischen gewachsener sozialen Bindungen, die ja zum größten Teil eng verflochten sind (Geld verdienen, um die Familie zu ernähren), liegen. Von der damit fast immer verbundenen psychischen Belastung einer solchen Trennung nicht zu reden. Das bringt der Normalmensch meist auch dann nicht fertig, wenn er den Sinn seines Lebens inzwischen woanders sieht. Es bleibt also bis zur Verrentung und dem Auszug der Kinder bei der zwar ursprünglich selbstbestimmten aber letztlich unabwendbaren Sinnstiftung, definiert durch eine – hoffentlich heile – Familie, eine/n treusorgende/n Ehefrau/-man, einige Freunde und, wenn er/sie Glück gehabt haben, einen interessanten Beruf sowie genug gespartes Geld, um im Alter nicht mehr arbeiten zu müssen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich dann aber in noch schärferer Form als in der zweiten und dritten Dekade wieder in der sechsten und siebten Dekade. Schärfer, weil die Zeit, die noch zum Denken, Überlegen und gegebenenfalls Ausprobieren bleibt, sehr begrenzt ist. Es ist überdies eine unbequeme Angelegenheit. Der Normalmensch ist ein wenig müde vom langen Leben, möchte eigentlich seine Ruhe haben, gutes Essen genießen, vielleicht noch ein wenig Sex, Reisen und Freude an den Enkeln, alles in allem eine ruhige Kugel schieben und hoffen, dass es noch eine Weile gut geht. Es taucht die berechtigte Frage auf, ob für die ‚kurze’ Zeit noch einmal der Sinn des eigenen Lebens gesucht werden soll. Früher in seinem Leben hat der Mensch nicht an das Ende gedacht, so dass die Frage nach dem Sinn des Lebens immer auch eine Frage nach der eigenen Zukunft war. Das ist nun vorbei, sogar dann, wenn er/sie an Gott glaubt, denn dann ist die Zukunft ja gerade geregelt. Wenn ihr/ihm aber Gott nicht helfen kann, wird es schwierig.
27.10.2018 Wieder die Frage nach dem Sinn
Zehn Jahre später hält er das vielleicht nicht mehr für so schwierig (tempura mutantur et….). Der Sinn des Lebens ergibt sich nun aus seiner Existenz. Wie alles Leben auf dieser Erde steht dem Menschen dafür eine bestimmte, wenn auch ihm selbst nicht erkennbare Zeitspanne zur Verfügung. Der Unterschied zu allem Leben außerhalb des Menschseins besteht einzig darin, dass er denken kann und dadurch ein Bewusstsein des eigenen Ichs entwickelt. Das ist allerdings Fluch und Segen zugleich. Denn so führt ihn das Denken doch immer wieder zu der Frage nach dem Sinn seiner Existenz, Überall ist die Natur auf unserer Erde und damit die Existenz jedes Lebewesen zuerst auf das Überleben und dann auf die Fortpflanzung ausgerichtet. Und das dürfte für den überwiegenden Teil von uns noch immer gelten. Wobei wir diese Prämissen inzwischen schon so überhöht haben, dass man von ihrer Perversion sprechen kann. Während nämlich heute noch der größte Teil von uns hungert oder zumindest jeden Tag um sein Überleben kämpfen muss, haben höchstens dreißig Prozent viel mehr als sie zu einem menschenwürdigen Leben benötigen, und von denen haben wieder vielleicht fünf Prozent mehr als der Rest der Menschheit zusammen. Der Überlebenskampf ist also für einen kleinen Teil von uns zu einem Kampf für ein Mehrhabenwollen als die Anderen pervertiert. Und etwas Ähnliches gilt für die Fortpflanzung, die zum Großteil zum Kampf um den besten Sex in Verbindung mit Macht und Geld pervertiert ist. Das Alles wird mit Mänteln wie Innovation, Lebensverbesserung, Arbeitsbeschaffung und ähnlichen positiven Begriffen überdeckt, die aber auch ohne die damit erweckte Sucht nach immer mehr Macht und Geld zu haben wären. Der durch Spekulationen zum reichsten Mann der Welt gewordene Mr. Buffet hat diese Doktrin pastisch gemacht: ‚Wir befinden uns in einem Krieg zwischen Arm und Reich, und es kann nur einer gewinnen. Das sind wir.‘ Andererseits wissen wir inzwischen, dass unser bisheriges Verhalten über kurz oder lang den Untergang des größten Teils von uns bedeutet, da wir unsere Erde als unsere Ernährerin immer schneller aufessen. Wir Menschen haben es mehrheitlich nicht geschafft, unser Bewusstsein so zu entwickeln, dass wir erkennen, was für das Überleben unserer Spezies notwendig ist. Was aber hat all das aus heutiger mit dem Sinn des Lebens zu tun?. Auch ohne den Anspruch, ein Philosoph zu sein, kann Mensch aber unschwer erkennen, wo ein jedenfalls vernünftiger Sinn des eigenen Lebens liegen könnte. Der Verstand ermöglicht es ihm, Bewusstsein zu entwickeln dafür, was ihn von den übrigen Lebewesen unterscheidet und was er heute damit erkennen sollte. Das erste ist die Ehrfurcht vor dem Leben. Kein Lebewesen tötet aus einem anderen Grund als das eigene Überleben und die Fortpflanzung abzusichern. Das ist ein Naturgesetz. Daraus ergibt sich logisch die Verantwortung, nicht zu töten. Denn die Vergangenheit, in der wir in einzelnen Gruppen um Nahrung und Überleben kämpfen mussten, ist vorbei. Da wir inzwischen in einer wenn auch riesigen sozialen Weltgemeinschaft leben, ergibt sich als weitere Folgerung, den Mitmenschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, soweit uns das mental und finanziell möglich ist. Das ist inzwischen im Bewusstsein vieler Menschen verankert. Doch dieses Bewusstsein fehlt, bei den meisten Menschen aufgrund ihrer mangelnden Bildung, die sie auch nicht erlangen können, weil ihr Dasein noch immer aus dem täglichen Kampf ums Überleben besteht. Bei den Mächtigen unserer Weltgesellschaft ist der Kampf ums Überleben zu pervertiert zu einem Wettstreit um Macht und Geld. Effektives soziales Bewusstsein ging ihnen verloren. Nun geht es den schon genannten dreißig Prozent von uns so gut, dass wir finanziell dazu schon in der Lage wären, ohne uns dadurch ein gutes Leben versagen zu müssen. Doch daran hapert es. Ich behaupte, wir haben uns zumindest seit zweitausend Jahren nahezu ausschließlich technisch-wissenschaftlich weiterentwickelt, und wissen über diese Materien inzwischen unendlich viel mehr als die damaligen Generationen. Doch mental sind wir noch immer auf den Überlebenskampf und die Fortpflanzung fixiert. Nur haben sich die zum Überlebenskampf notwendigen Strategien inzwischen überhöht, d. h. ersetzt durch immer steigenden Konsum, der ein wie auch immer geartetes noch schöneres Leben verspricht. Das Bewusstsein für das heute zum Überleben Notwendige ist allerdings bei der Mehrheit der dreißig Prozent Gutlebender zu unterentwickelt, um daraus Konsequenzen zu ziehen. Die müssten darin bestehen, die eigenen finanziellen Ressourcen zur Entwicklung einer Wirtschaft zu nutzen, die die verbleibenden Reserven der Erde nur noch soweit ausbeutet, wie die sich regenerieren kann. Doch ähnlich wie Buffet denkt diese Mehrheit nur noch für ihre eigene Lebenszeit und vielleicht noch für die ihrer Kinder. Das ist schon merkwürdig. Offensichtlich sind wir als technische Überflieger tatsächlich vom Denken noch fest in der Steinzeit verankert. So glaube ich, dass wir dem Beispiel der fröhlich in einem Zug feiernden Passagiere folgen werden: Die hatten erfahren, dass ihr Zug in einen Abgrund stürzen würde, aber es könnte noch dauern, nur wusste niemand, wann. Eine Notbremsung würde dagegen diese wunderschöne Fahrt beenden, und keiner konnte sagen, was einen dann da draußen erwartete. Einen gewissen Unterschied gibt es allerdings: Die Wissenschaftler geben der Menschheit noch ca. 50 Jahre bis zum Verbrauch der Reserven. Insofern kann auch ein grundsätzlich optimistischer Mensch auch schon einmal die Zukunft unserer Nachkommen zumindest als hochproblematisch sehen. Es gibt natürlich unter den genannten dreißig 30 Prozent auch viele Menschen, die das ganz ähnlich sehen. Doch ihr Einfluss ist gering, da unsere ja gerade erst ‚kürzlich‘ installierte Demokratie von einer Betonwand umschlossen ist. Die besteht aus einem Konglomerat mächtiger Lobbygruppen der Wirtschaft und einer Politikerkaste, die aus nachvollziehbaren Interessen (Machterhalt, Geld(t)sucht, Sicherheit) keine durchgreifenden Veränderungen angeht. Sie kann sich dabei auf eine Wählerschaft verlassen, deren Lebensinhalt mehrheitlich neben der meist ungeliebten Arbeit aus Konsum, Spaß und Bequemlichkeit besteht. Das Großkapital und ihre abhängig gemachten Politiker versuchen bisher mit Erfolg, die römischen Kaiser zu imitieren: Brot und Spiele.
01.01.2023 Vorläufig kein Ende
Ab einem gewissen Alter, im Februar werde ich 85, ist es naheliegend, wieder einmal an das Ende zu denken und an das, was ich vorher noch loswerden möchte. Der im Thema ‚Warum ich hier schreibe‘ erläuterte Zweck meiner vor zwei Jahren eingerichtete Webseite ist geblieben. Das gilt auch für deren höflich gesagt mäßigen Bekanntheitsgrad, was ich zumindest teilweise auf mein Desinteresse an der Nutzung von Twitter & Co. zurückführe. Es hat sicher auch mit dem Inhalt meiner Beiträge zu tun. Das hindert mich aber nicht, sie weiter zu führen. Dabei komme ich unwillkürlich zur Suche nach dem Sinn des Lebens (sh. auch meine beiden Beiträge dazu im Thema ‚Und Mehr/Philosophie v. August 2008 und Oktober 2018‘). Um die Antwort darauf haben sich ja schon seit Jahrtausenden zum Teil sehr kluge Köpfe bemüht. Die Mehrheit der jeweiligen Menschheit hat dazu auf die Inhalte diverser im Zeitverlauf wechselnder Religionen und Repräsentanten gesetzt. Heute sind Religionen weitgehend durch Ideologien wie Marxismus, Wohlfahrtsstaat, oder sogar Despoismau ersetzt worden, die ein Denken in Geld bzw. Eigeninteressen fördern ohne die Sicht auf die nächsten Generationen und unsere Verantwortung dafür. Diese Denkweise ist unnatürlich im wahrsten Wortsinn. Denn wir sind und bleiben ein Teil der Natur. Die hat uns irgenwann durch einen bisher wohl einmaligen evolutionären Sprung den Verstand vermittelt, der uns die Beherrschung der derzeit gesamten vorhandenen Natur unseres Planeten erlaubt. Davon haben wir aufgrund unserer durch den Verstand ermöglichten Techniken intensiv Gebrauch gemacht. Erst vor nicht einmal einhundert Jahren, in denen wir als eine Folge von 2 auf 8 Mrd. Menschen auf unserer Erde sehen, ist uns gedämmert, dass die in Jahrmillionen entstandenen Ressourcen unseres Planeten begrenzt und das Leben der gesamten Menschheit in akuter Gefahr ist. Erde und seine Natur kümmert das wenig. Es wird sie auch ohne uns noch einige für uns gar nicht vorstellbare Zeiträume geben. Damit ändert sich nämlich auch die Frage, was wohl der Sinn des Lebens im Hinblick auf das Weiterbestehen der Spezies Mensch ist. Dazu hilft auch nicht die immerhin interessante These des weltweit bekannten Richard Buckminster Fuller, genannt Bucky. Für ihn gibt es eine Art universellen Geist, für den die Menschen unserer Erde inzwischen einen Schwellen-Moment erreicht haben, in dem sie eine Art ‚Abschlussexamen‘ ablegen müssen dafür, dass sie es als eine individuelle Erfindung des Universums schaffen, erfolgreich in ihre reife kosmische Funktion hineinzuwachsen oder als ‚auslaufende Serie‘ innerhalb des Universums aussortiert werden. Dafür ist für ihn erforderlich, eine selbst entdeckte, logisch schlüssige, aus der eigenen Erfahrung heraus erzeugte Idee davon zu haben, weswegen und auf welche Art und Weise wir hier sind, auf diesem kleinen Planeten, in dieser Galaxie, inmitten von Milliarden von Galaxien des Universums. Auch wenn seine Darstellung beeindruckend ist, schlüssige Begründungen dafür gibt es nicht und seine Folgerungen sind unerheblich für uns. Denn die Spezies Mensch wird wie alle bisher bekannten Lebewesen über kurz oder lang aussterben. Ich halte ich es daher für einzig sinnvoll, den Sinn unseres Lebens in der Sicherung aller Lebewesen zu sehen. Als einzige Gattung mit Verstand gilt daher noch immer das Motto der französischen Revolution: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. All das haben wir bisher bis auf einige Ansätze nicht geschafft. Denn das Problembewusstsein für die Folgen der in den letzten beiden Jahrhunderten immer schnelleren technischen Entwicklung hat sich bisher nur bei einer Minderzahl von uns entwickelt. Das gilt auch für mich trotz des Vorzugs einer guten Erziehung und Schulbildung. Denn dort ging es und geht es leider noch heute vor allem um Aus- und Weiterbildung als Rüstzeug für ein materiell gutes Leben. Da ich politisch erst während der 68iger aufgewacht bin, wurden mir das Bewusstsein für die Werte und Notwendigkeiten von Gemeinschaft über die eigene Familie hinaus erst durch die Thesen des Club of Rome deutlich. Und es ist eigentlich nie zu spät, dafür aktiv zu werden. Einer der Ansätze war diese Webseite, auch wenn ein noch so kleiner Stein zum Bau einer friedlichen Gesellschaft ist. Nach einem kürzlichen e kleinen Schlaganfall, der zum Glück ohne Folgen blieb, werde ich meine Beiträge und Leserbriefe reduzieren und mich auf die Mitarbeit an der von mir letztes Jahr angeregten Bürgerenergiegenossenschaft in unserer Stadt beschränken, die jetzt vor der Gründung steht.
11.09.2023 Wieder ein Versuch für Assange
Auch wenn ich nicht dazu gehöre, schließe ich mich dankbar dem Offenen Brief einer großen Zahl von ‚Prominenten‘ an, in dem sie Frau Baerbock dringend bitten, anlässlich ihres bevorstehenden USA-Besuchs in Sachen Assange vorstellig zu werden an. Ich habe schon vor 10 Jahren in Frankfurt an entsprechenden Kundgebungen für Assange teilgenommen und auf meiner Webseite mehrfach auf das Verbrechen an einem der Vorreiter für Gerechtigkeit hingewiesen. Leider haben wir aber inzwischen eine Außenministerin, der außer einem vielleicht guten Willen alles fehlt, was außerhalb des Wegs zum Frieden für die Ukraine, allerdings nur in der Definition von Herrn Selenskyj, liegt. Herr Wallraff als Verantwortlicher des Briefs kann froh sein, wenn er zumindest eine Antwort erhält. Da ich selbst nicht prominent bin, habe ich nicht einmal das erreicht. Ich habe nämlich am 02.03.2022 über das Auswärtige Amt Herrn Selenskyj einen Friedensvorschlag gemacht, der auf einem Interview des honorigen Prof. Münkel in der FR beruhte. Ich hatte dazu gebeten, ihn über unsere Botschafterin in Kiew an den ukrainischen Präsidenten weiterzuleiten. Trotz mehrerer Bitten zum Stand des Vorgangs, am 25.04.2022 sogar an Frau Baerbock persönlich, gab es zwar eine Eingangsbestätigung, aber bis heute keine Reaktion darauf. Woher kommt wohl die Politikverdrossenheit. Das große Ministerium von Frau Baerbock ist für gewisse Vorgänge wohl doch noch zu klein.
12.04.2023 Demokratischer Schandfleck: Julian Assanges Haft
Der in einem demokratischen Staat (Großbritannien) seit 2014 in Auslieferungshaft sitzende Wiki-Leaks Gründer Julian Assange wird nicht entlassen, weil er die Verbrechen eines anderen demokratischen Staats aufgedeckt hat. Viele gut gemeinte Proteste für seine Freilassung weltweit sind ins Leere gelaufen, weil die noch immer als Muster der Demokratie geltenden USA geschützt werden müssen – warum eigentlich? Weil er wegen der Aufklärung von Verbrechen der USA dort als Verbrecher – wohl zu lebenslanger Haft – verurteilt werden soll. So klagte sogar schon der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer, dass er nur noch aus einem Alptraum aufwachen konnte, nachdem er sich in den Fall Assange eingearbeitet hatte. Und kein anderer unserer ‚demokratischen‘ Staaten will ihm Asyl gewähren. Es ist eine Affenschande, was sich unsere so demokratisch gebenden Politiker da erlauben. Sie ist mit dem Begriff ‚Rechtsbeugung‘ nur ungenügend beschreibbar. Ich jedenfalls schäme mich als Deutscher für dies Verhalten meiner Regierung. Und als chinesischer Politiker würde ich auf Vorwürfe wegen der Behandlung meiner Uiguren nur antworten: Kehren Sie doch erst einmal vor der eigenen Tür. Wie ich wünschen jetzt viele Menschen den 48 Abgeordneten und Senatoren des australischen Parlaments Erfolg mit ihrem Schreiben an den Justizminister der USA. Sie fordern ihn auf, die Verfolgung ihres Landsmannes (Assange ist Australier) einzustellen, weil sie sonst die einen gefährlichen Präzedensfall schaffen und dem Ansehen der USA schaden würden. Letzteres ist ja bereits Fakt.
25.5.2021 Das Trauerspiel Assange
Die meisten von uns kennen den investigativen Journalisten Julian Assange, wohl der bekannteste standfeste Whistleblower des letzten Jahrzehnts. Er wird noch immer in englischer Untersuchungshaft gehalten mit der Befürchtung, jederzeit an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihn jahrzehntelanges Gefängnis erwartet. Nun hat gerade das europäische Parlament (EP) seinen neuesten Menschenrechtsbericht verabschiedet, in der auch der Fall Assange angesprochen wurde. Ein Antrag, Assange aus dem Bericht zu entfernen, wurde dann von der Mehrheit des EP beschlossen. Alle 29 EP-Abgeordneten von CDU/CSU stimmten ebenso zu wie 10 von 16 Anwesenden der SPD, und alle 5 von der FdP. Dagegen stimmten 1 Abgeordneter der SPD, alle 17 der Grünen, alle 5 der Linken und die insgesamt 5 Abgeordneten von der Partei, Volt, ödP und Piraten. Ein besseres Bild von der moralischen Qualifikation der ja von ihren Parteien aufgestellten Abgeordneten kann es kaum geben. Was tut eigentlich die deutsche Regierung für Assange? Nichts! Und das ist mehr als mies.
30.9.2o21 Preise für Journalisten – wo bleibt Assange
Für besondere Journalist*innen gibt es auch besondere Preise, wenn sie sich in vielen Ländern Gefahren aussetzen, die schon mit Gefängnis oder sogar dem Tod enden können. So wurde kürzlich der Friedensnobelpreis vergeben und die EU hat gerade zwei für ihre mutige und gefahrvolle Berichterstattung ausgezeichnet. Nein, diese Preisträger heißen nicht Julian Assange, der seit Jahren in einem demokratischen Staat in Auslieferungshaft sitzende Wiki-Leaks Gründer, weil er die Verbrechen eines anderen demokratischen Staats aufgedeckt hat. Und es ist auch nicht Edward Snowden, der ebenfalls Verbrechen dieses letztgenannten Staats öffentlich machte und in einem undemokratischen Staat Zuflucht suchen mußte, weil er nicht in einem US-Zuchthaus den Rest seines Lebens verbringen wollte und keiner der ‚demokratischen‘ Staaten ihm Asyl gewährte. So klagt der UN-Sonderberichterstatter Nils Melzer, dass er nur noch aus einem Alptraum aufwachen konnte, nachdem er sich in den Fall Assange eingearbeitet hatte.
Es ist eine Affenschande, was sich unsere so demokratisch gebenden Politiker da erlauben. Sie ist mit dem Begriff ‚Rechtsbeugung‘ nur ungenügend beschreibbar. Ich jedenfalls schäme mich als Deutscher für dies Verhalten meiner Regierung. Und als chinesischer Politiker würde ich auf Vorwürfe wegen der Behandlung meiner Uiguren nur antworten: Kehren Sie doch erst einmal vor der eigenen Tür.
20.09.2022 Bucky – ein kleiner Leonardo
Der als Bucky Fuller bekannte Richard Buckminster Fuller (1895- 1983) war ein US-amerikanischer Architekt, Konstrukteur, Visionär, Designer, Philosoph und Schriftsteller. Nach abgebrochenem Studium Marinesoldat, bankrott und nach dem Tod seine Tochter dem Suicid nahe, beschloss er, sein Leben als Experiment zu verstehen und die Welt zum Nutzen der Menschheit zu verändern. In einem Tagebuch das er ein halbes Jahrhundert lang führte, dokumentierte er peinlich genau Alles. Nach mehreren Jahren in der Industrie hatte er Erfolg mit teilweise auch patentierten Konzepten (Gebäude, Küche, Auto – Marke Dymaxion- und später riesigen extrem stabilen Pavillons. Fuller sah als einer der Ersten das Wirken der Natur als durchgängiges systemisches Wirken unter wirtschaftlichen Prinzipien (Material- und Energieeffizienz und die damit verbundene Tendenz zur Ephemerisierung). Ein anderer wichtiger Aspekt war für ihn das Entdecken von nutzbaren Synergien, ein Begriff, den er mitprägte. Er versuchte, Minimalprinzipien in den Bereichen der Technik fortzuentwickeln, um zur Vermeidung des „kosmischen Bankrottes“ Mittel zur nachhaltigen Fortentwicklung unserer Zivilisation bereitzustellen. Diesem Zweck diente auch 1961 die Propagierung des Spieles World Game, das – im Gegensatz zu Konfliktsimulationen – praktisch aufzeigen sollte, wie spontane Kooperation das Leben aller Menschen verbessern kann. Fuller erhielt hunderte von Auszeichnungen, darunter allein 47 Ehrendoktorate. „Meerschweinchen B“ war das letzte Schriftstück, das Fuller vor seinem Tod anfertigte, etwa 23 Seiten. Es ist Buckys letztendliche Rechnungslegung über sein Leben mit Gott und Mitmenschen. Seine dort erläuterte mentale Einstellung habe ich zusammen gefasst: Gott ist eine Art universeller Geist, für den die Menschen unserer Erde wohl einen Schwellen-Moment erreicht haben, in dem sie in etwas hineingehen, das als eine Art „Abschlussexamen“ zu sehen ist mit dem Ergebnis, ob sie es als eine individuelle Erfindung des Universums schaffen, erfolgreich in ihre reife kosmische Funktion hineinzuwachsen oder als “auslaufende Serie“ auf diesem Planeten und an den anderen Stellen des Universums aussortiert werden. Dafür ist für ihn erforderlich, eine selbst entdeckte, logisch schlüssige, aus der eigenen Erfahrung heraus erzeugte Idee davon zu haben, weswegen und auf welche Art und Weise wir hier sind, auf diesem kleinen Planeten, in diesem Sternensystem und in dieser Galaxie, inmitten von Milliarden von Galaxien des Universums. Der menschliche Intellekt (Geist) hat nach und nach eine Anzahl der außergewöhnlichen, generalisierbaren, nicht mit den Sinnen erfassbaren ewigen Prinzipien entdeckt, da uns einige der Planungsmuster des Universums zugänglich gemacht wurden. Da keine andere Naturerscheinung diese Fähigkeit und diese Art von Zugangserlaubnis hat, können wir davon ausgehen, dass wir Menschen aus einem sehr wichtigen Grund in diesem Kosmos anwesend sind, aus einem sehr wichtigen Grund in diesem Kosmos anwesend sind und unser Abschlussexamen durchlaufen und bestehen müssen. Das ist für ihn eine wichtige Art von Funktion, für die wir Menschen entworfen sind, um sie letztlich zu erfüllen als eine klare Funktion im Rahmen der Göttlichkeit. Die ewige intellektuelle Gesamtheit ist sowohl die generelle Intaktheit des großartigen Entwurfs des Universums als auch all seiner speziellen, vorübergehenden Erscheinungen und seiner komplexen, aneinander Arbeit verrichtenden Vorgänge, die auf diesen ewigen Grundsätzen beruhen. Zum Ende ist er überwältigt vom Beweis einer ewig existierenden und ewig wirksamen, zu allem fähigen größeren Intelligenz als der menschlicher Wesen. „Meine Aufgabe war nicht, über Gott zu predigen, sondern Gott in Stille ohne Erwähnung Gottes zu dienen.“
08.06.2022 Was ist das Glück
Nach der Definition bei Wikipedia ist Glück als Erfüllung menschlichen Wünschens und Strebens ein vielschichtiger Begriff, der Empfindungen vom momentanen bis zu anhaltendem, vom friedvollen bis zu ekstatischem Glücksgefühl einschließt. Glück kann uns aber auch in Bezug auf ein äußeres Geschehen zuteilwerden, zum Beispiel in der Bedeutung eines glücklichen Zufalls oder eines das Lebensglück begünstigenden Schicksals. In den erstgenannten Bedeutungen bezeichnet der Begriff Glück einen innerlich empfundenen kurzen Zustand. Das hat unser großer Dichter Goethe wohl im Sinn gehabt als er anmerkte, dass er nur wenige Male in seinem Leben glücklich war. Eher die zweite Bedeutung soll wohl mit einem von Xing (ein soziales Netzwerk für berufliche Kontakte mit etwa 19 Millionen vor allem deutschen Nutzern) veröffentlichten Stimmungsbarometer aus dem 2022 gemeint sein. Dort findet sich auf Platz eins der Wunsch nach einem Job, in dem man glücklich ist. Xing interpretiert das als Wunsch nach einer Tätigkeit, in der ein Mensch ganz er selbst sein kann. Das ist sicher richtig, da der Beruf den größten Teil des Lebens des Großteils von uns bestimmt. Der Beruf sollte daher diesem Kriterium nahekommen. Das entspricht allerdings keineswegs auch nur annähernd der Realität. Ob als Angestellter, Lohnarbeiter, in Teilzeit oder im Minijob; Kaum eine dieser Tätigkeiten, insbesondere weil meist schlecht bezahlt, langweilig, anstrengend und nicht den eigenen Neigungen entsprechend, kann auch nur einen Hauch von Glück erzeugen. Daher sollte der Staat, wie auch von vielen bekannten Sozialwissenschaftlern gefordert, jedem Bürger ein garantiertes Bürgergeld zahlen, das ihm die Freiheit gibt, ein bescheidenes aber selbst bestimmtes Leben zu führen. Ich bin bei weitem nicht der Einzige, der daraus den Wegfall der Existenzangst von Millionen Bürgern und sogar dadurch gefördert einen großen Aufschwung an Initiativen in den wirtschaftlichen und kulturellen Bereichen erwartet.
30.11.1980 Im Flug
Das Flugzeug ist vielleicht die vollkommene weil kompakte Darstellung unserer gegenwärtigen Welt oder besser gesagt ihrer äußeren Erscheinungsform. Schon die Schubkraft beim Start und das Abheben vermittelt mir etwas von der für mich eigentlich noch immer unfassbaren Bündelung an Technik, die menschliche Gehirne in minutiösem Zusammenwirken nicht nur erdacht, sondern nach Bedarf auch zum Funktionieren gebracht haben. Ich bin genug Mensch meiner Zeit, um das zu genießen. Das weiche Dahinschweben ist schlicht und einfach Genuss. Wo sonst habe ich die Gelegenheit, innerhalb von Stunden derart verschiedene Welten unter mir vorbeiziehen und immer wieder bestaunen zu können. Und ich erkenne auch von hier, dass es auf der Welt – vom Menschen einmal abgesehen – einfach nur großartig ist. Ich sehe zwar sogar von hier oben die grünen Felder und sauberen Orte der Schweiz und die trotz der Zersiedlung noch wie gezuckert erscheinende Küste der Cóte d’ Azur, doch die weissbeseiteten Grate der Berggipfel halten das Auge besonders lange fest. Und das gilt dann auch für die Wüste, die sogar von hier oben durch ihre verschiedenen Erscheinungsformen lebt. Verkarstete Gebirgsstöcke wechseln mit unzähligen Flussmäandern, die wieder von weiten platten Flächen ohne jeden geographischen Anhaltspunkt abgelöst werden. Eine Art chinesischer Mauer begleitet uns eine Zeitlang, verdoppelt sich, um in einem Tal zu enden. In der Ferne eine Felslandschaft, die an ein Dorf mit Rundhütten erinnert. Dann ein von Riesen angelegtes Saalburg Kastell-Viereck, das meine Fantasie anregt. Es ist erstaunlich, wie die Landschaft die Vorstellungskraft bewegt. Die Muster im Sand, die unzähligen Formen von Fels, die aus dem Sand aufragen, lassen unzählige Assoziationen zu, geben das Gefühl ganz großer Weite aber auch von Einsamkeit und enden bei der Vorstellung, wie es dort wohl vor Jahrmillionen ausgesehen haben mag. Doch mein Blick aus dem Bullauge, der gerade den unbeschreiblich schönen Sonnenuntergang bestaunt, wird jäh unterbrochen. Die Stewardess und – weil ich so stur bin – dann der Chefsteward bitten mich ebenso höflich wie dringlich, wie die Anderen das Rollo herunterzuziehen. Ein – reichlich alberner – amerikanischer Spielfilm läuft auf der Stirnwand und einige Passagiere fühlten sich offenbar gestört. Meine Einwände, ich sähe lieber die Landschaft als den Film dringt ebenso wenig durch wie meine Behauptung, ich sei Journalist und müsse darüber schreiben, ziehen nicht. Schließlich ziehe ich das Ding zur Hälfte runter. Mir wird schlagartig bewusst, wie sehr die Technik und die von ihr geschaffene Scheinwelt von uns Besitz ergriffen und von unserer eigentlichen Umwelt entfern hat. Dazu gehört der Film, den jetzt alle ansehen (müssen) ebenso wie das perfekte Abendessen, die fünf Radioprogramme und – schließlich reise ich Firstclass – das Eingangspräsent und der obligate Champagner. Demokratisch wie wir sind, sitzen hier vorn nur eine kleine Zahl von Passagieren, die es sich leisten können oder die wie ich auf Geschäftskosten reisen. Hinten sitzen mehrfach so viele Passagiere doppelt so eng in der ‘Holzklasse’ bei Einheitsessen und ohne Film und mehreren Musikkanälen. Auch in diesem Bereich ist das Flugzeug das Spiegelbild unserer Gesellschaft. In den sozialistischen Ländern ist es wohl ähnlich, nur sollen dort in der ersten Klasse noch weniger Menschen sitzen. Unsere Menschlichkeit hat sich vielleicht doch nicht in dem Masse entwickelt, wie uns das mit unserer Technik gelungen ist. An die inzwischen zwei Millionen hungernder Flüchtlinge allein in Afrika wollen wir dabei lieber nicht denken, und wir tun es ja auch nicht, es sei denn an besonderen Festtagen, wenn das Wild in der Röhre brutzelt und wir eine Spende für Brot und die Welt überweisen, vielleicht etwas höher als im Vorjahr, weil es uns ja auch wieder etwas besser geht.
19.2.2023 Die römische Baukunst in der Provence
Kürzlich ist mir meine Abiturarbeit mit dem obigen Titel in die Hände gefallen. Ich habe sie für das Fach Kunst im Abitur Frühjahr 1958 auf einer vierzehntägigen Fahrt durch die beeindruckende Landschaft dieser Provinz geschrieben und fotografiert. Sie umfasst immerhin knapp 80 Seiten. Leider hat der Kunstlehrer die ’sehr gute Arbeit‘ ,weil einen Tag zu spät abgegeben‘, nicht mehr für die Abiturnote herangezogen. Ich habe es verschmerzt. Da die Fotos über sechzig Jahre alt sind und sich dort Vieles verändert hat, gehe ich davon aus, dass die Arbeit vielleicht einen gewissen historischen Wert besitzt und habe sie zumindest mal ausdrucken lassen. Was ich damit noch anfange, mal sehen.
04.01.2023 Sparen ist einfach und nützlich
Praktisch für Jede*n von uns ist es möglich, mit ein wenig Mühe Geld zu sparen, was derzeit schon wegen der massiv verteuerten Lebenshaltung angesagt ist. Die Bundesnetzagentur hat errechnet, dass ein Durchschnittshaushalt durch den Wechsel zu einem günstigeren Stromanbieter etwa 90 Euro jährlich spart. Persönlich empfehle ich den unabhängigen Anbieter EWS, der nur Strom aus erneuerbarer Energie anbietet. Je nach Nutzung bringt eine Verringerung des benötigten Handy-Datenvolumens bei Discount-Marken nach Fachleuten bis zu 500 Euro jährlich. Die bis zu 79 Euro als jährliche Kontoführungsgebühren kann man nach Angaben des Finanzportals Biallo durch den Wechsel zu einer Bank mit Nulltarif vermeiden.Ungenutzte Verträge, ob für Reiserücktritt, Zahnzusatz, Streaming-Dienste und eine ganze Reihe anderer sollte man durchforsten, wie oft man sie schon gebraucht hat. Das gilt auch für Verträge mit Fitnisstudio, Steuerberater (Die eigene digitale Erklärung bei Elster vom Finanzamt ist auch für uns Laien heute leicht zu händeln) u. ä. Als zur Abgabe einer Steuererklärung Verpflichteter auf jeden Fall eine solche abgeben! Laut Statistischem Bundesamt liegt die Rückerstattung an bei über 1.000 Euro. Nach Berechnung der Welthungerhilfe wirft jeder von uns fast 55 kg Essen in den Müll – Wert 230 Euro. Das führt doch schon in Anbetracht des vielen Hungers weltweit schon aus ethischen Gründen zu Überlegungen für das eigene Verhalten. Das abendliche Vorkochen für das Essen in der Mittagspause ist sicher nicht jedermanns Sache, spart aber auf 250 Arbeitstage gerechnet jährlich 3.900 Euro, wie Fachleute errechnet haben. Ähnliches gilt für das besser zu handhabende Kochen gleich für zwei Tage, wobei man das zweite Essen auch für die Mittagspause des folgenden Tags verwenden kann. Wassersparen bedeutet dauerhaft geringere Kosten bei einer Investition, die sich meist schon nach Monaten rechnet. Daneben ist es ein Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise. Für Pflanzen und Garten ist zwar die Tropfenbewässerung die beste Lösung, aber sparsame Verwendung per Schlauch und Gießkanne tun‘s auch. Besonders vorteilhaft ist es, im Haushalt Wasser zu sparen. Die Statistik zeigt für 2015, dass der Durchschnittsbürger täglich 123 Liter verbraucht, davon allein 33 nur für das WC. Hier sparen geht so: Die meisten WCs haben heute eine gesonderte Spartaste, die für das kleine Geschäft nur 4 Liter Wasser statt der normalen doppelten Menge frei gibt. Die Erfahrung zeigt übrigens, dass die sogar fürs große Geschäft ausreicht, da die Durchmesser der Abwasserleitungen schon lange großzügig ausgelegt sind. Noch sparsamer geht es mit einem kurzen Klick auf die Spartaste; damit läuft dann nur etwa 1 Liter aus dem Spülkasten, was hygienisch ausreichend ist. Für ältere WCs erzielt man mit einem einfach zu installierenden WC-Wasserstop etwa gleiche Ergebnisse. Das fürs große Geschäft benötigte Papier (nur mehrlagiges) lässt sich übrigens mit geringem Üben nach dem Durchziehen falten und nochmals durchziehen. So spart man bis 50 % an Papier. Sparsam kann es auch in Bad und Küche zugehen. Beim Händewaschen, im Spülbecken und der Badewanne lässt sich je nach Produkt bis zu 60 % Wasser sparen, wenn man am Wasserausgang der Armatur den leicht abzuschraubenden üblichen Luftsprudler durch einen sogenannten Perlstrahler ersetzt, der außerdem kaum verkalkt. Die abgeschraubten Teile besser zum Händler mitnehmen, denn die Maße sind unterschiedlich und es gibt Außengewinde- und Innengewindestrahler! Nach Zahlen aus 2009 (neuere fand ich nicht) kam ein Durchschnittshaushalt allein hierdurch auf ein Ersparnis von 120 Euro jährlich, was sich heute gut verdoppelt haben dürfte. Und auch das dürfte erheblich zum Sparen beitragen: Ich habe herausgefunden, dass Hände- wie Gemüsewaschen genauso gut geht, wenn ich den Hahn nur zur Hälfte aufdrehe und zudem möglichst oft nur Kaltwasser benutze. Da es immer noch geschätzt 30 % Raucher gibt: Der Verzicht darauf soll bei einer halben Schachtel pro Tag eine Ersparnis von mindestens 1.300 Euro jährlich bringen – nicht gerechnet die später vielleicht geringeren Gesundheitskosten – oha.
04.01.2023 Mehrweg und Plastik
Seit dem 1. Januar gilt in Deutschland die so genannte „Mehrweg-Angebotspflicht“ für Gastronomie-Betriebe. Dort müssen nun Mehrwegangebote gemacht werden, die nicht teurer als Einweg sein dürfen. Damit soll die vermehrte Nutzung wiederverwendbarer Becher und Essensboxen die Müllflut verringern, Ressourcen eingespart und das Klima entlastet werden. Doch das ist nur eine Scheinlösung. Es gibt scheunentorgroße Schlupflöcher für große Konzerne, genauso wie für kleine Gastronomie-Betriebe. Die so verursachten negativen Umweltauswirkungen spiegeln sich nicht im Preis wider und es fehlen verpflichtende Anreize zur Verwendung der Mehrwegalternativen. Außerdem sind zahlreiche Betriebe immer noch nicht bereit für eine flächendeckende Umsetzung – obwohl sie über ein Jahr Zeit hatten, sich darauf vorzubereiten. Doch es fehlt an einer grundlegenden Lösung. Sie muss darin bestehen, den CO2-Ausstoss einer jeden Verpackung einschließlich seiner Entsorgung auf den Preis des damit verbundenen Gutes, also auch eines Getränks aufzuschlagen. Nur so kann die Plastikflut eingedämmt bzw. durch umweltfreundlichere Materialien ersetzt werden. Und das ist im Grunde nur erreichbar mit einer für alle Güter und Handlungen geltenden Regelung. Deren jeweiliger CO2-Ausstoss wird dort nach deren Notwendigkeit für unser Leben eingeordnet und danach bewertet. Im Ergebnis werden notwendige Güter und Handlungen einen geringeren Aufschlag erhalten als alle anderen, die persönlichen Vorlieben oder dem Luxus dienen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Vorgaben ohne Gesetzeskraft kaum Wirkung zeigen. Zu stark ist bei den Unternehmen der Drang nach Gewinn- und Effizienzsteigerung, im Privatbereich Bequemlichkeit und mangelndes Bewusstsein.