Reich und Arm
03.07.2022 Lassen sich Besitz und Gerechtigkeit vereinbaren
“wird die Ungerechtigkeit des Besitzes stark empfunden, so nennt man zwei Mittel, derselben abzuhelfen, einmal eine gleiche Verteilung und sodann die Aufhebung des Eigentums und ihren Rückfall an die Gemeinschaft”. Nachdem Nietzsche beide Lösungen als unbrauchbar befunden hat, schließt er: “Damit der Besitz fürderhin Vertrauen einflößt, halte man alle Arbeitswege zu kleinen Vermögen offen, aber verhindere die mühelose, die plötzliche Bereicherung, man ziehe alle Zweige des Transports und Handels welcher der Anhäufung grosser Vermögen günstig sind, also namentlich den Geldhandel, aus den Händen der Privaten und Privatgesellschaften – und betrachte ebenso die Zuviel- wie die Nichts-Besitzer als gemeingefährliche Wesen” (Nietzsche, Der Wanderer und sein Schatten, 1880, S 158, Ziff. 285).
Dazu sollten wir die neuesten Zahlen über die heutige Verteilung des Geldes weltweit kennen. Das Finanzvermögen abzüglich der Schulden stieg 2021 um über zehn Prozent auf rund 440 Billionen Euro, der stärkste Anstieg seit zehn Jahren; so auch bei uns, wo der Reichtum immer ungleicher verteilt ist. Die 3.100 sogenannten Superreichen (Platz drei hinter USA und China) mit je mehr als 100 Mio Euro besitzen allein ein Fünftel des gesamten privaten Finanzvermögens. Es wuchs um 8, ihr Sachvermögen um 11 %, auf mehr als 9 bzw. 13 %. Auch bei der Zahl der Milliardäre belegen wir weltweit Platz drei. Weiß eigentlich unsere Regierung, dass fast 14 Millionen (2021) von uns in relativer Armut leben, und das angesichts einer zu erwartenden weiteren Teuerung?
20.08.2022 Inklusives Wachstum und Umverteilung
Ein neuer Begriff ist aufgetaucht und es ist unsicher, wer was damit meint. Wenn man vom Begriff Wachstum ausgeht, wäre es das Gegenteil vom Exklusiven Wachstum. Diesen Betriff gibt es jedoch nicht, und es gibt auch keinen Sinn als Gegensatz zu dem, was wir mit mit dem Begriff Exklusivität meinen. Deutlich wird es, wenn wir es einfach mit dem Begriff der Inklusion verbinden. Dann bedeutet es, dass bei einem solchen Wachstum jeder Mensch in seiner Individualität von der Gesellschaft akzeptiert wird und die Möglichkeit hat, entsprechend seinen Bedürfnissen daran teilzuhaben. So gesehen ist der Begriff Inklusives Wachstum unserer Gesellschaft immanent, da schon unser Grundgesetz die wichtigsten Vorbedingungen dafür enthält. Allerdings haben unsere Regierungen aus der ursprünglich sozialen Marktwirtschaft nur das letztere zum Leitmotiv von Politik und Wirtschaft gemacht. Gefördert durch Globalisierung und die zunehmende Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft durchdringt die Gewinnmaximierung heute alle Lebensbereiche. Als soziale Komponente gewährt der Staat ab und an benachteiligten Bevölkerungsgruppen finanzielle Beruhigungspillen. Alles andere überlässt er dem Markt. Um ein inklusives Wachstum zu erreichen, wäre daher die wichtigste Komponente eine etwas gerechtere Verteilung von Vermögen und Einkommen. Wenn wir feststellen, dass die gesamte derzeit und früher arbeitende Bevölkerung an der immensen Steigerung des Volksvermögens beteiligt war und ist, kann es unmöglich richtig sein, dass inzwischen ein Prozent von uns 23 % des gesamten Vermögens und 10 % von uns über 60 % davon verfügen. Dagegen besitzen über 50 % von uns weniger als das Durchschnittsvermögen und weitere 10 % haben nur Schulden. Das vom mir bevorzugte Instrument wäre die Einführung eines bedingungslosen Bürgergelds, das ich schon mehrfach gefordert habe (vergl. mein Thema BGE). Unabhängig davon stelle ich fest. dass allein die gleichmäßige Besteuerung aller Einnahmen wie der Kapitalerträge (derzeit 25 %) und der Mieten, die Abschaffung der Begrenzung von Beiträgen zur Sozialversicherung sowie eine Vermögens- und Erbschaftssteuer, die nicht erst bei € 26 Millionen (!) zugreift, eine höhere Besteuerung hoher Einkommen und eine höhere Grenze für den Beginn der Besteuerung ein Bürgergeld finanzieren würden. Das eine wie das andere würde im Übrigen langfristig nicht nur eine wenn auch sehr geringe gerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen, sondern auch eine Verstärkung der Kaufkraft zur Folge haben, was wieder der Wirtschaft zugutekommt. Als zweite Komponente für ein inklusives Wachstum fordere ich eine Gesetzgebung, die eindeutig nur das fördert, was einer Transformation unseres Wirtschaftens zum Erreichen der Klimaziele dient. Jedes Jahr erreichen wir Wochen früher als im Vorjahr den Tag, von dem an wir unserem Planeten mehr wegnehmen als er ausgleichen kann. Wir müssen also alles, was nicht nachwächst, so wertvoll machen, dass wir aus diesen Einnahmen den Ausgleich finanzieren. Das ist eine schwierige Aufgabe, da wohl der gesamte Co2-Ausstoß eines Produkts oder einer Handlung von der Entstehung bis zur Verwertung berechnet werden muss. Das Bundesumweltamt hat mir auf meine Anfrage hin bestätigt, dass diese Berechnung möglich ist. Daraus errechnet sich dann der wirkliche Preis. Er wird bewertet und dann entsprechend Kriterien gewichtet, was für den Bürger notwendig, was wichtig und was eher als wünschenswert zu beurteilen ist. Dieses Vorgehen entspricht nicht nur unserem normalen Gewissen sondern auch der Verantwortung, die wir für die nächsten Generationen tragen.
02.08.2023 Unsere Renten sind zu niedrig
Nach einer kürzlichen Recherche des renommierten DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) erhalten wir Deutschen gemessen am letzten Nettoverdienst eine Rente von knapp 53 % des letzten Nettoverdienstes; in Portugal und den Niederlanden sind es rund 90 %, in Österreich, in Griechenland und Italien über 80 %. Für eines der wohlhabensten Länder weltweit ein beschämendes Ergebnis. Und für die Unterschiede gibt es ganz plausible Gründe. So zahlen in Österreich auch Beamte und Selbstständige ein und der Rentenbeitrag ist dort für Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils 2 % höher. In den Niederlanden gibt es sogar für Jede/n eine Mindestrente von 1.200 Euro, wenn ab dem 15. Lebensjahr 50 Jahre im Lande gelebt wurde (für jedes Jahr weniger 2% Abzug). Auch diese Beispiele sollten ein Grund mehr sein, ein wirkliches BGE (Bürgergeld ohne Bedingungen) bei uns einzuführen.
25.09.2022 Mehr Steuergerechtigkeit
Die im Finanzwesen besonders aktive und kompetente NGO Finanzwende hat sich gerade mit der dringend notwendigen Reform eines besonderen Teils unseres Steuersystems befasst. In den letzten 30 Jahren wurden nämlich auf Druck der Lobby des großen Geldes immer mehr Steuerprivilegien geschaffen. Sie ermöglichten einer kleinen Anzahl von Personen völlig unberechtigte hohe Gewinne und kosten uns alle 80 Milliarden Euro jährlich. Dieses an eine kleine sowieso schon mehr als wohlhabende Gruppe vergebene Geld wurde notwendigen Investitionen in Klimaschutz, in sichere Arbeitsplätze und bessere Bildung vorenthalten. Konkret nennt die NGO folgende Forderungen: Erbschaftsteuer: Ausnahmen abschaffen, wie zum Beispiel bei der Weitergabe von großen Betriebsvermögen Kapitalerträge: Normale Besteuerung statt pauschale und anonyme Abgeltungssteuer Immobilien: Wertzuwächse konsequent besteuern Globale Mindeststeuer: Stattdessen globale Konzerne gerecht besteuern Einkommensteuer: Spitzensteuersatz wieder auf die früheren 49 % setzen Kapitalertragsteuer: Steuerbefreiung substanzloser Holdings streichen Vermögensbesteuerung: für Großvermögen wieder einführen Finanztransaktionssteuer: Vor allem für Derivate und Hochfrequenzhandel Gewerbesteuer: Steuerbefreiung von Mieteinnahmen streichen Die Umsetzung dieser Forderungen ist extrem wichtig, um unser Steuersystem gerechter zu machen und unserer Regierung den nötigen Handlungsspielraum zu verschaffen, die Auswirkungen des Ukrainekriegs und den zur Abwendung der Klimakrise unumgänglichen Transformationsprozess zu finanzieren. Wenn wir dann noch das sowieso unumgängliche konditionslose Bürgergeld einführen, werden wir Bürger uns eine einigermaßen gerechte und freie Demokratie geschaffen haben.
24.11.2021 Abzocke Riesterrente
Ich habe in meinen beiden Büchern bereits auf die verbraucherfeindliche Riesterrente hingewiesen, die doch der zusätzlichen staatlich geförderten Altersvorsorge gerade für kleinere und mittlere Einkommensbezieher dienen sollte. Die Bürgerbewegung Finanzwende hat das in einer sorgfältigen Untersuchung für die über 16 Millionen abgeschlossenen Verträge (fast 11 Millionen bei Versicherungen) nochmals bestätigt. Aufgrund der im Durchschnitt etwa 25 %, die von den Einzahlungen an Provisionen und Kosten für die Anbieter abgehen, lohnt diese Rente überhaupt nur für Einzahler mit Kindern und das dann für eine Rendite von 1,6 % nach 30 Jahren Laufzeit, was man erstmal durchhalten muß. Ein beschämendes Ergebnis für Herrn Riester und die damalige Regierung. Auch hier wäre das auch im Alter gezahlte sanktionsfreie Bürgergeld eine gute Alternative (sh. mein Thema BGE)
28.11.2022 Bruttoinlandsprodukt (BIP) falsch gerechnet
Aus den im BIP verarbeiteten Zahlen sollen wir erkennen, ob die Wirtschaftsleistung unseres Landes und damit sein Wohlstand verglichen mit den Vorjahren zu- oder abgenommen hat. Vereinfacht gesagt ist das BIP der Wert all dessen, was wir innerhalb eines Kalenderjahr produzieren. Die einzige Maßeinheit, die sich für dessen Wert errechnen lässt, ist der Preis dieser Produkte. Das BIP berücksichtigt daher die Güter und Dienstleistungen, die für Märkte produziert werden, im Prinzip also nur Waren, die einen Preis haben. Indem man die produzierten Mengen mit den Marktpreisen multipliziert, kann man die Werte der Gesamtproduktion vergleichen. Zieht man dann vom Ergebnis die Importe ab, erhält man grob gesagt als Ergebnis das zur Verteilung bleibende Nettosozialprodukt . Die Daten zum BIP werden innerhalb der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung mit komplexen Methoden durch das Statistische Bundesamt ermittelt. Diese Berechnung ist allerdings kein Indikator für die Veränderung des Wohlstands der Bürger, und erst recht der Verteilung unter ihnen. Doch ist diese Methode richtig. Den Beginn der Kritik daran und die Suche nach ergänzenden Indikatoren für das BIP setzte schon 1972 der Club of Rome mit seiner wegweisenden Studie „Grenzen des Wachstums“. Die Verzerrung des BIP durch steigende ökologische Belastungen und die drohende Gefahr knapp werdender natürlicher Ressourcen ließ deswegen weltweit eine wachsende Kritik an der gängigen Berechnung des BIP entstehen. In Deutschland waren es immerhin SPD und Gewerkschaften, die in den Achtzigern auf einer Konferenz den heute etwas vage klingenden Leitbegriff des „qualitativen Wachstums“ beschrieben und dessen ökologische Besteuerung forderten. Kritisiert wird am BIP vor allem, dass keineswegs Alles, was produziert wird, in seine Berechnungen einfließt. So lässt sich Produktionsarbeit, die nicht am Markt angeboten und für die daher keine Erwerbseinkommen gezahlt werden, nicht erfassen. Dasselbe gilt für die Produktion öffentlicher Güter durch den Staat, für die es keine Marktpreise gibt. Auch die Produktion wichtiger Dienstleistungen im privaten Haushalt wird nicht erfasst. Von dieser „preisfreien“ Hausarbeit sind insbesondere Frauen betroffen. Auch ehrenamtliche Arbeit und viele andere Formen produktiven Engagements werden nicht berücksichtigt. Schließlich sind auch schattenwirtschaftliche Produktionsaktivitäten, die illegal ausgeübt werden, kaum zu erfassen. Das Statistische Bundesamt versucht es mit Zuschlägen für diesen Bereich wenigstens indirekt. Nach den jeweiligen Ergebnissen der üblichen BIP-Berechnungen urteilen dann unsere zahlreichen Wirtschaftsforschungsinstitute seit Jahrzehnten über unseren bisherigen, derzeitigen und zu erwartenden Wohlstand. So urteilt im Mai 2022 der Konjunkturchef des IfW in Kiel: „Der Erholungsprozess der deutschen Wirtschaft verzögert sich abermals. Das Konjunkturbild ist geprägt durch gegenläufige konjunkturelle Strömungen, die allesamt preistreibend wirken“. Dabei geht völlig unter, dass sich unser Wohlstand, der ja dem Wortsinn nach für ein Drittel von uns schon gar nicht zutrifft, kaum ändert; und wenn, dann fast immer mit einem Vermögenszuwachs für das obere Drittel von uns. Erst recht sagt er gar nichts aus über das wichtigste Thema unserer Zukunft, den Transformationsprozess, der den Klimawandel aufhalten soll. Unsere Ampel-Regierung will immerhin die Wohlfahrtsmessung erweitern, doch „eine Ökonomie ohne BIP hätte riesige Analyseprobleme“, hört man aus dem Bundeswirtschafts- und Klimaministerium. Dazu läßt sich sagen, das BIP kann bleiben, und die Analyseprobleme sind mit Sicherheit lösbar. Das Ministerium räumt selbst ein, dass ein BIP nicht geeignet ist zu messen, ob Menschen in Wohlstand leben, ob es der Natur gut geht und ob die Gesellschaft zusammenhält. Doch seine schlichte Aussage, das Bruttoinlandsprodukt sei die nicht die alleinig seligmachende Größe ist keine Lösung für ein ehrliches BIP. Im Leitantrag der Ampel heiß es nämlich ausdrücklich: Das BIP ist blind für die sozialen Folgen und die ökologischen Schäden unseres Wirtschaftens. Vorgeschlagen wird „ein neues Wohlstandsmaß, um neben ökonomischen auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen zu messen“. Eine Umgestaltung des BIP ist im Übrigen schon deswegen unvermeidbar, weil der unumgängliche Transformationsprozess ohne Einbeziehung des CO2-Ausstosses in allen Lebensbereichen nicht möglich sein wird. Beim Statistischen Bundesamt teilt man übrigens die Diagnose. Das BIP sei kein Wohlfahrtsmaß, da es zum Beispiel für nicht wirtschaftliche Vorgänge wie ökologische Schäden keine Marktbewertungen gibt. Daher muss die Ampel handeln, und zwar umgehend. Aus der Berechnung des derzeitigen BIP folgere ich deswegen: Auch wenn gesellschaftlicher Wohlstand vernichtet wird, kann durchaus ein gesamtwirtschaftlicher Zuwachs des Sozialprodukts die Folge sein.
12.12.2021 Verfassungswidriges Erbschaftsteuergesetz
Nach einer Untersuchung der NGO Finanzwende zahlten 2019 zahlten Erben und Beschenkte bei einem Volumen von über 20 Millionen Euro im Schnitt einen deutlich niedrigeren Steuersatz als Menschen, die geringere Vermögen erhielten. Die 127 größten Schenkungen mit einem Volumen von insgesamt 12 Milliarden Euro wurden mit weniger als einem Prozent besteuert, während bei vielen kleineren Erbschaften ein Satz von 30 Prozent anfiel. Diese Ungerechtigkeiten haben oberste Gerichte wiederholt als verfassungswidrig erklärt. In einem Urteil aus dem Jahr 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das damalige Erbschaftsteuergesetz gleichheits- und damit verfassungswidrig war. Ein wesentlicher Grund dafür war die 1992 eingeführte, vom aktuellen Wert abweichende Bewertung von Betriebsvermögen. Nach einer Reform wurden Betriebsvermögen zwar nach ihrem aktuellen Wert bewertet, zugleich wurde aber ein unbegrenzter Verschonungsabschlag eingeführt. Dieser sorgte dafür, dass Betriebsvermögen komplett steuerfrei bleiben, wenn die Summe der Löhne in den folgenden sieben Jahren etwa konstant gehalten wurde. Nach einer erneuten Ermahnung durch das Bundesverfassungsgerichts 1914 erfolgte 2016 wurde zwar eine Obergrenze von 90 Millionen Euro für die steuerliche Begünstigung eingeführt, es gab aber wieder mehrere Ausnahmen und Erleichterungen, inklusive einer kompletten Ausnahme dieser Obergrenze unter bestimmten Umständen. Der Bundesfinanzhof entschied dann 1917, dass die Sicht von Finanzämtern nicht richtig sei, den Besitz von Wohnimmobilien ab einem Bestand von 300 Wohnungen pauschal als Betriebsvermögen zu klassifizieren. Diese Regelung führt nämlich unter anderem dazu, dass auf das Erbe eines Mietshauses mit fünf Wohnungen Steuern gezahlt werden müssen. Erbt jemand aber 3.000 Wohnungen, dann gilt das als “Wohnungsunternehmen” und es werden keine Steuern fällig. Das kann nicht grundgesetzkonform sein.