Afrika/Welt/Flüchtlinge
Afrika lernen
Dieser Kontinent ist wegen seiner Größe und der Vielfalt seiner Landschaften und Kulturen kaum zu erfassen. Doch das Interesse dafür lohnt für die eigene Entwicklung. Einen erster Einblick vermittelt das Buch ‘Entdeckungsreisen in Afrika’ (ISBN 3-14-508882-39). Der Titel gibt nur den Rahmen für einen mit Zeitregistern und unzähligen Bildern erläuterten Einblick in die unglaublich vielfältigen Kulturen dieses Erdteils und eine Zeitreise, eingeschlossen die durch unsere Kolonialpolitik verursachten Leiden von Mensch und Natur. Obwohl ich fast zehn Jahre diesen Erdteil beruflich bereist und dabei gerade einmal einen Bruchteil seiner Kulturen und Naturen erlebt und gesehen habe, hat er mich durch die Vielfalt der Beschreibungen über ihn fasziniert und beeindruckt. Um ein wenig mehr über Afrika zu erfahren, empfehle ich von den unzähligen Büchern, die es inzwischen von und über diesen Erdteil gibt, beispielhaft zwei, die zwar nur den südlichen Teil des Kontinents beinhalten, in gewissem Sinne aber einmalig in ihrem kulturellen Einsatz sind. Das eine beschreibt zwei noch völlig ursprünglich lebende Stämme im südlichen Bergland der sudanesischen Provinz Kordofan sehr persönlich und ausführlich mit unglaublich schönen Fotos der Landschaft und der auch nach unseren Maßstäben ausgesprochen gut aussehenden Menschen. Die Autorin ist Leni Riefenstahl, die von 1962 über zehn Jahre nach Afrika gereist ist und dort zeitweise gelebt hat: ‘Die Nuba’ (zwei Bände Komet Verlag 1973/76, ISBN 3-933366-41-0). Das andere ist der Bildband ‘Afrika Stammeskunst in Urwald und Savanne’ (Büchergilde Gutenberg 1980) des Afrikaenthusiasten und Meisterfotografen Arnold Bannert, durch den sich die kulturelle Reichhaltigkeit und Ausdruckkraft dieses Erdteils unabhängig vom nördlichen Afrika (Ägypten bis Marokko) nicht besser erfahren läßt
07.05.2024 Der Libanon und die Flüchtlinge
Die EU hat dem Libanon gerade die ersten 300 Mio von ca. 1Mrd. Euro zugesagt dafür, dass dieses Land ähnlich wie Tunesien und Ägypten die nach Europa drängenden Flüchtlinge aufhält und zurückschickt. Ganz abgesehen, dass der Libanon bereits etwa ein Dritter so viele Flüchtlinge aufgenommen hat wie eigene Einwohner und zudem als eines der korruptesten Länder gilt, ist dieses Vorgehen schon nach unserem Grundgesetz rechtlich zweifelhaft. Für bemerkenswert halte ich auch, dass es schon vor mehreren Jahren ähnliche allerdings sachlich und rechtliche bessere Vorschläge gab, um den Flüchtlingsstrom zu regeln. Die EU könnte dazu in dazu bereiten Erstaufnahmeländern menschenwürdige Aufnahmelager errichten und deren Unterhaltung und Sicherheit finanzieren. Und das kann auch funktionieren, wenn zuerst vielleicht nur wenige der Aufnahmeländer mitmachen, denn die Beispiele werden wirken. Die EU vereinbart dazu mit diesen Ländern die Entsendung von Fachkräften, die bereits in den Aufnahmelagern Asylanträge prüfen. Jeder Flüchtling wird dort zuerst in ein EU-Register aufgenommen. Entsprechend seiner von Fachpersonal festgestellten Eigenschaft erhält er ein Dokument, das ihn gegebenenfalls als Asylanten (eventuell sogar als Fachkraft) ausweist mit der Berechtigung, auf Kosten der EU in eines ihrer Mitgliedsländer zu reisen. Ohne dieses im Register nachweisbare Dokument kann niemand die Grenze eines EU-Landes überschreiten, ohne umgehend zurückgewiesen zu werden. Auf einen ersten Ansturm müssen die Aufnahmelager gewappnet sein. Sobald sich die Sache mit den Dokumenten allerdings herumgesprochen hat, wird sich das ändern. Die EU setzt für jedes ihrer Mitglieder fest, wie viele Asylanten es entsprechend des Bruttosozialprodukts des jeweiligen EU-Landes aufzunehmen verpflichtet ist. EU-Staaten, die sich dem verweigern, erhalten Strafzahlungen und Einschränkungen von Subventionen. Deutschland hat in Europa nicht zuletzt aufgrund seiner Wirtschaftskraft besonders hier eine besondere Verantwortung, die es bisher nicht wahrnimmt. Warum sieht unsere Regierung nicht den dringenden Handlungsbedarf, obwohl ihr die Zustände auf Lesbos, Zypern und in anderen Aufnahmelagern bekannt ist. Stattdessen reist unsere Außenministerin weltweit und dauerhaft, und das ohne den geringsten Erfolg.
25.09.2023 Flüchtlinge – wirklich keine Lösung?
Als weltweite Aufgabe und aufgrund der noch ständig wachenden Ungleichheit wird sich unser Kulturkreis noch lange mit Flüchtlingen beschäftigen müssen. Zur Erinnerung: Vor über 70 Jahren, 1951, wurde die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) unterzeichnet. Dort verpflichten sich die inzwischen 149 Unterzeichnerstaaten, Flüchtlinge nicht an ihren Landesgrenzen zurückzuweisen (Artikel 33) und ihnen ein faires Verfahren zur Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft zu geben. Damals gab es etwa 2, heute sind es über 80 Millionen Flüchtlinge. Es ist offensichtlich, dass bisher weder die EU noch unser Land wirkwirksame Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems getroffen haben, obwohl wir auch nach dem Grundgesetz verpflichtet sind, Menschen in Not Asyl zu gewähren. Doch es gibt Lösungsansätze die durchaus realistisch sind, aber aus welchen Gründen auch immer von den dafür verantwortlichen Politikern bisher nicht aufgegriffen wurden. Hier eine Lösung, die ich ähnlich schon vor fünf Jahren vorgeschlagen hatte: In dazu bereiten Ländern, von denen aus die meisten Flüchtlinge in die EU gelangen wollen, wie Türkei, Libyen, Algerien, Tunesien, Marokko errichtet die EU von ihr finanzierte menschenwürdige Auffanglager. Sie finanziert und organisiert deren Unterhalt und auch den für die dort aufgenommenen Flüchtlinge. Die EU vereinbart mit dazu bereiten EU-Ländern die Entsendung von Fachkräften, die bereits in den Aufnahmelagern Asylanträge prüfen und gegebenenfalls schon bewilligen. Jeder Flüchtling wird dort zuerst in ein EU-Register aufgenommen. Entsprechend seiner von den Fachkräften festgestellten Eigenschaft erhält er ein Dokument, das ihn entweder als Asylanten (eventuell sogar als mögliche Fachkraft) ausweist mit der Berechtigung, auf Kosten der EU in eines ihrer Mitgliedsländer zu reisen. Ohne dieses im Register nachweisbare Dokument kann er keine der Grenzen eines EU überschreiten, ohne umgehend zurückgewiesen zu werden. Auf einen ersten Ansturm müssen die Aufnahmelager und das EU-Grenzpersonal gewappnet sein. Sobald sich die Sache mit den Dokumenten allerdings herumgesprochen hat, wird sich das schnell ändern. Für die Bundesrepublik können zu dem gesamten Komplex auch im geplanten Einwanderungsgesetz Regelungen getroffen werden. Die teilweise schon bestehenden Verträge mit afrikanischen Staaten über Finanzhilfen gegen die Rücknahme von Flüchtlingen helfen weder diesen Staaten noch dürften sie auch nur einen Flüchtling von einer Flucht abhalten. Nur die Einrichtung von Auffanglagern in den Herkunfts- bzw. Durchgangsländern selbst wird den Druck mindern, dem auch heute schon Länder wie Libanon und Jordanien ausgesetzt sind. Es wird immer dringlicher, das Problem nicht nur innenpolitisch (Bildungsoffensive) sondern auch dort anzugehen, wo es herkommt. Es gibt ja inzwischen auch bei uns Stimmen, die immerhin schon Auffanglager an den Außengrenzen der EU fordern. Doch das ungelöste und immer drängendere Flüchtlingsproblem kann weder innerhalb der EU-Grenzen noch durch immer mehr Frontex eingedämmt werden. Und ohne eine wirksame Regelung werden wir über kurz oder lang von einer nur durch Gewalt noch zu stoppenden Flüchtlingswelle überrollt werden.
02.10.2023 Aurubis – das unmenschliche Unternehmen
Der Börsenindex Global Challenges Index (GCX), von der Börse Hannover zusammen mit der Rating Agentur Oekom Research 2007 eingeführt, hat den Anspruch, ausschließlich nachhaltig arbeitende Unternehmen aufzunehmen. Und dort findet sich eine Aurubis AG mit Zentrale in Hamburg. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um den bedeutensten Kupferproduzenten und -händler weltweit. Das ist gerade heute von großem Interesse, da Kupfer als unentbehrlich für den Erfolg der Energiewende gilt. Und an der Weltförderung von 21.000 Tonnen jährlich (2021), ist Aurubis mit über 50 % beteiligt. Ähnliches gilt für die entsprechende Raffinerieproduktion. Da nur 30 % des Kupfers aus Recycling gewonnen wird, stammen 70 % aus Importen. Der Umsatz von Aurubis weltweit beläuft sich knapp 10 Mrd. Euro und ihre Aktie gehört dem Prime-Standard-Segment der Deutschen Börse an. Mit einem Anteil von ca. 30 % ist einziger Großaktionär des Konzerns die Salzgitter AG, immerhin einer der größten Stahlerzeuger (über 100 Beteiligungen, 12 Milliarden Euro Umsatz) und einem Bundesland (Niedersachsen) als größten Anteileigner (26,5 %). Weitere Anteile an Aurubis von jeweils etwa 5 % liegen bei zwei Finanzinvestoren, darunter Blackrock. Die übrigen Aktien gelten als Streubesitz. Am Beispiel Aurubis wird nun besonders deutlich, was man vom Aktienindex GCX zu halten hat, dessen Kriterien, wie das best-of-class ich schon 2012 in meinem Ratgeber ‚Basiswissen Geldanlage‘ kritisiert hatte. Und er findet sich inzwischen als Quelle für nachhaltig wirtschaftende Unternehmen auch in Tageszeitungen wie der Frankfurter Rundschau. Was dieser Index leistet beweist gerade eindrucksvoll die am 15.09.2023 von ARD alpha gesendete Doku ‚Schmutziges Kupfer – Die dunkle Seite der Energiewende‘. Es geht dabei um die 15 km nördlich der Stadt Calama in der Atacama-Wüste liegende riesige Kupfermine Chuquicamata, dem zweitgrößten Tagebau der Welt. Das dort seit Jahrzehnten abgebaute Kupfer wird dann per Bahn zu Hafenstadt Antofagasta am Pazifik transportiert und u. a. nach Hamburg verschifft. Die Mine gehört dem in chilenischen Staatsbesitz befindlichen Codelco-Konzern, größter Förderer von Kupfer weltweit und wohl auch wichtigster Kupferlieferant von Aurubis. Die von den Reportern dort aufgefundenen und gut recherchierten Zustände müssen wir schlicht als skandalös bezeichnn: Nur 30 % der Arbeiter sind bei Codelco direkt angestellt und tragen Atemmasken und schneidsichere Handschuhe, die restlichen 70 % von Subunternehmen arbeiten ohne Sicherheitswerkzeug. Alle aber sind der extremen Luftverschmutzung ausgesetzt, die praktisch die gesamte Umgebung mit einem giftigen Grauschleier bedeckt. Mit seiner ganzen Reihe giftiger Elemente verseucht er die Atemluft und ist für die Ärzte in Antofagasta verantwortlich für die höchste Sterberate im Land, verursacht durch die u. a. ca. 200 % höher als zuträglichen Arsenbelastung. In der Umgebung der Mine mußte schon vor Jahrzehnten die dort übliche Rinderzucht aufgegeben werden. Auch der Obst- und Gemüseanbau ist kaum mehr möglich, da es aufgrund des hohen Verbrauchs der Mine kaum noch Wasser gibt. Die Reporter haben das nahe einer Quelle abgefüllte Wasser in Deutschland untersuchen lassen mit dem Ergebnis einer deutlichen Verseuchung. Die hochgiftigen Abwässer entsorgt die Mine übrigens einfach in einen nahgelegenen inzwischen riesigen See. Die im Gebiet um Calama beheimateten Indigenen wurden seinerzeit nicht entschädigt und ihre Rechte werden bis heute schlicht nicht beachtet. Doch die Menschen müssen bleiben, weil es sonst keine Arbeit gibt. Die Reporter erhielten übrigens von der Mine weder eine Dreh- noch Besuchserlaubnis. Als sie das Ergebnis ihrer Recherchen vor Ort in der Hamburger Firmenzentrale darlegen und nach der Beachtung des Lieferkettengesetzes fragen, ist die Antwort, man könne auf die Fakten mangels persönlichen Einblicks nicht eingehen, Aurubis aber sehr wohl über ‚Leitplanken des Verständnisses für Nachhaltigkeit‘ verfüge. Am Ende der Sendung glaubt man nicht richtig zu hören, wenn der Leiter der zuständigen Abteilung sich über die ‚Nachhaltigkeitsbemühungen‘ gegenüber seinen Lieferanten auslässt – nichts als Ausredengeschwafel.
Diesen Text habe ich per Email an die Redaktion von ARD alpha und folgende mit dem Sachverhalt befasste Anschriften geschickt: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Oekom Reserch AG, Angelika Zahrnt (ehemals Vorsitzende des BUND) als Mitglied des Oekom-Beirats, Börse Hannover, Udo Philipp, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Zu einer Podiumsdiskussion der FR am 13.09.2023 über das Flüchtlingsproblem im Haus am Dom in Frankfurt habe ich darrgestellt, was was wir für Afrika tun müssen. Als weltweite Aufgabe und aufgrund der noch ständig wachenden Ungleichheit werden wir uns noch lange mit Flüchtlingen beschäftigen müssen. Was unseren Kulturkreis betrifft, stelle ich fest, dass bisher offensichtlich weder die EU noch unser Land wirkliche Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems getroffen haben. In unserer Republik sind wir aber schon nach dem Grundgesetz verpflichtet, Menschen in Not Asyl zu gewähren. Und es gibt Lösungsansätze dazu, die durchaus machbar sind, wenn es denn gewollt wird, die aber unsere und die dafür in der EU verantwortlichen Politiker aus Lobbydruck oder Eigeninteressen nicht verwirklichen.
1. Die (insbesondere afrikanischen) Staaten müssen das Recht zurückerhalten, ihre Produkte zollfrei zu uns zu exportieren und ihre Wirtschaften vor unseren subventionierten Landwirtschafts- und Abfallprodukten zu schützen. Dasselbe gilt für die Fischfanggründe vor ihren Küsten. Dann werden viele Flüchtlinge gar nicht erst den Weg zu uns suchen.
2. Erhebliche Investitionsgelder müssen nach Afrika fließen, aber nur noch für Vorhaben, die Menschen nicht zu Lohnempfängern machen. Deswegen sind landwirtschaftliche und andere Genossenschaften sowie ähnliche Einrichtungen finanziell und technisch zu unterstützen.
3. Die EU muss in den Erstaufnahmeländern Griechenland, Italien und Spanien menschenwürdige Aufnahmelager errichten und finanzieren, wo jeder Flüchtling bereits geprüft und mit seinem Status in ein EU-Register aufgenommen wird. Die menschenunwürdige Frontex wird aufgelöst.
4. Die EU setzt für jedes ihrer Mitglieder fest, wie viele Asylanten – entsprechend dem Bruttosozial-produkt des jeweiligen Mitglieds – es aufzunehmen verpflichtet ist. EU-Staaten, die sich dem verweigern, erhalten Strafzahlungen und Entzug der Subventionen. Die EU vereinbart mit dazu bereiten EU-Ländern die Entsendung von Fachkräftigen, die bereits in den Aufnahmelagern Asylanträge bewilligen. Abgelehnte Flüchtlinge werden von dort auf Kosten der EU in ihre Heimatländer zurückgebracht.
5. Nur dadurch wird die EU die Chance wahren, Europa nicht nur als wirtschaftliche sondern auch als zivilisatorische Einheit zu erhalten. Doch auch damit ist das Flüchtlingsproblem noch nicht gelöst. Denn auch für die Flüchtlinge, die bereits hier sind und die vielen, die noch kommen werden, muss eine neue Strategie entwickelt werden, um diese aus so ganz anderen Kulturkreisen kommenden Menschen einzugliedern. Die negativen Folgen aus den Versäumnissen der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen. Dazu müssen gleichzeitig wichtige Maßnahmen zur Eingliederung dieser Menschen in unser soziokulturelles Leben eingeleitet werden: Sprachkurse, Kindergärten, Schulen. Für jeden einzelnen Flüchtling sollte es diese Hilfen geben. Und dazu müssen umgehend mehr Lehrpersonal, Kindergärtner und Fachberater ausgebildet bzw. eingestellt werden. Letztlich sollte jeder Flüchtling nach längstens zwei Jahren verständlich Deutsch sprechen können und in einer Erklärung das Grundgesetz akzeptieren. Wir müssen die anerkannten Asylanten entsprechend den Bestimmungen des geplanten Einwanderungsgesetzes begleiten, die dann nach zwei Jahren und Ablegung einer Sprachprüfung sowie Anerkennung des Grundgesetzes den Antrag auf Einbürgerung stellen. Es sollte deutlich werden, dass er sonst nicht bleiben kann und das sollte auch für jeden gelten, der innerhalb dieser Zeit eine reguläre Straftat begeht. Und wenn eine Ausweisung rechtens ist, sollte sie auch umgehend stattfinden. Der Unsicherheit, die immer mehr Bürger über den derzeitigen Zustand empfinden, muss auch wegen der Gefahr der wachsenden Politikverdrossenheit und eines Abdriftens von noch mehr Mitbürgern nach rechts oder den inneren Rückzug begegnet werden. All das wird die Spaltung großer Bevölkerungskreise in Gegner und Befürworter der Aufnahme von Flüchtlingen verringern und was den Flüchtlingsstrom betrifft, zur Beruhigung in den Erstaufnahmeländern beizutragen. Deutschland hat in Europa nicht zuletzt aufgrund seiner Wirtschaftskraft eine besondere Verantwortung, die es bisher sehr unvollkommen wahrnimmt. Das muss sich in unser aller Interesse ändern. I
11.11.21 Verschuldung und Gerechtigkeit
Bei einer kürzlichen Podiumsdiskussion unter dem Titel ‚Forum globale Gerechtigkeit‘ im Frankfurter Haus am Dom wurde auch über das Thema ‚Entwicklungsländer-Entschuldung‘ diskutiert. Kristina Rehbein von der NGO ‚Erlassjahr.de‘ beklagte, dass allein durch die Pandemie die in einer kritischen Schuldenlage befindlichen Staaten von 124 auf 132 gestiegen sind. Dies erfordere eine durchgreifende Entschuldung, am besten durch ein staatliches Insolvenzverfahren unter UN-Aufsicht. Zu diesem schon lange bestehenden und noch immer ungelösten Problem habe ich schon 1988 für unsere damalige Jusogruppe einen Beitrag geschrieben. Es ist doch bemerkenswert. dass sich auf diesem Gebiet in diesen fast 35 Jahren eigentlich nichts geändert hat:
“Die Schulden-Medaille hat zwei Seiten. Auf der einen Seite die Entwicklungsländer (EL) mit US$ 2.200 Mrd. Schulden, auf der anderen Seit die Industrie- und Öl- als Gläubigerländer (GL), die auf Zins- und Rückzahlung bestehen. Dabei ist heute jedem klar, dass die EL ihre Schulden nicht werden zurückzahlen können. So nicht nur die Fachleute wie der Präsident der Welternährungsorganisation Saouma, sondern auch eingefleischte Systembewahrer wie Dr. Herrhausen, immerhin Chef der größten deutschen Bank. Die Gründe, warum die GL und deren Banken die Probleme dennoch weiter vor sich herschieben, lassen sich in zwei Hauptargumenten zusammenfassen: Die GL-Regierungen haben Bedenken, dass die EL bei einem Erlass auch künftig neue Schulden nicht mehr zurückzahlen. Die GL-Banken fürchten hohe Bilanzverluste und sogar Insolvenzen, da vor allem bei US- und japanischen Banken unzureichende Rückstellungen gebildet wurden. Praktikable Lösungen im Interesse der EL müssen daher diesen Hintergrund berücksichtigen, wenn sie erst genommen werden wollen. Ein derartiger Vorschlag, der auch innerhalb des derzeitigen Weltwährungssystems durchführbar ist, soll hier zur Diskussion gestellt werden: Von den Schulden es EL werden 50 % zum Tageskurs in Inlandswährung umgewandelt. Mit diesem Kapital kann der Gläubiger nach Belieben verfahren, wobei vor allem an notwendige Investitionen zu denken wäre. Für die verbleibenden 50% kauft oder begibt das EL für den jeweiligen Gläubiger auf 20 Jahre lautende Zerobonds zu einem derzeitigen (angenommenen) Wert von 25 %. Dafür stellen Weltbank und/oder IWS einen zinslosen Kredit zur Verfügung, den das El in 20 Jahresraten tilgt. Für die Zerobonds legt die Weltbank einen Zinssatz fest, den die Gläubiger nach 20 Jahren zusammen mit dem Betrag des Zerobonds erhalten. Je nach Einschätzung der Experten sind nach 10 Jahren auch Ausstiegszenarien denkbar. Nach diesem Vorschlag reduziert sich die derzeitige Verschuldung des EL auf etwa ein Achtel, die Zinslast verschwindet. Die Abschreibungen der GL-Banken werden sich vielleicht erhöhen, aber wohl kaum die bereits dafür gebildeten Rückstellungen überschreiten. Dafür würde sich aber für die Zusammenarbeit zwischen EL und den Industriestaaten eine ganz neue Dimension ergeben. Denn die Knebelung der EL durch die Kolonialherrschaft ist ja inzwischen durch die subtilere aber nicht weniger demütigende finanzielle Abhängigkeit abgelöst worden. Ihre substanzielle Verminderung wäre ein wichtiger Schritt, um eine für beide Seiten menschenwürdige Zusammenarbeit in Gang zu setzen”.
12.02.2022 Geld frisst Moral
Bekanntlich hat Afrika aufgrund der westlichen Vorkäufe noch immer eine minimale Impfquote. Auch mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es nun südafrikanischen Wissenschaftlern gelungen, einen Covid-Impfstoff zu entwickeln, der dem Moderna- Impfstoff in seiner Struktur ähnelt. Wenn die Meldung nicht von einer seriösen Tageszeitung käme, wäre es kaum zu glauben: Moderna weigert sich, seine Daten mit den Südafrikanern zu teilen, was den Südafrikanern vielleicht lange Probejahre ersparen würde; und warum das, weil seine Millionengewinne dann vielleicht nicht ganz so hoch ausfallen. Und genau so schlimm: Die deutsche Firma Biontec hat mit politischem Druck versucht, die Entwicklung des Südafrika-Impfstoffs zu stoppen. Ein Unternehmen, das seine inzwischen Milliardengewinne auch den erheblichen finanziellen Unterstützungen des Staats zu verdanken hat. Diese Raubtiermentalität dürfen die zuständigen öffentlichen Institutionen nicht ungestraft hinnehmen.
22.05.2022 Die Vermüllung Afrikas
Es ist der Postkolonialismus, der uns heute mit Afrika vor allem verbindet. Wir holen uns weiter seine Rohstoffe unter Preis, bauen Kaffee und Kakao auf Feldern an, die von einer korrupten Regierung gekauft werden, und auf denen wir dann die dort enteigneten Bauern für uns arbeiten lassen. Wir transportieren unseren Müll dorthin und kümmern uns dann weiter nicht darum. Schließlich verkaufen wir ihnen unsere Altkleider, die hier halbjährlich durch neue Trends überflüssig werden, billiger als sie diese mit ihren alten Techniken selbst herstellen können. Und das ist längst nicht Alles: Aufgrund des Drucks, den wir durch unsere wirtschaftliche Stärke ausüben können, haben wir, teilweise über die Europäische Union, Freihandelsabkommen mit vielen afrikanischen Staaten abgeschlossen, die das Alles erlauben. Sie ermöglichen auch, dass vor ihren Küsten Riesentrawler das Meer abfischen und damit die Existenzgrundlage der dort ausschließlich vom Meer lebenden Fischer zerstören. Das Alles beruht auf rein wirtschaftlichem Gewinnstreben, das unserem ungebremsten und inzwischen nicht nur westlichen Streben nach noch mehr Wohlstand dient. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist, dass viele entwurzelte Menschen in diesem Erdteil zwar auf ihrem Handy unseren Wohlstand mitbekommen, für sich aber zu Hause keine Zukunft sehen und sie daher im nahen Europa suchen. Und dort ist man erschreckt. Denn anstatt schon vor Jahrzehnten auf unserem Nachbarkontinent massiv und gezielt in Infrastruktur und Aus-Bildung zu investieren, haben immer wirtschaftliche Interessen die Politik bestimmt. Und das hat sich bis heute kaum geändert (vergl. meinen Beitrag vom 20.12.2021 beim Thema Und Mehr/Afrika). Dabei wären kontinuierlich fließende Mittel für Schulen, die Förderung der Subsistenzwirtschaft (z. B. Genossenschaften) und vieles mehr eine Hoffnung gerade für junge Afrikaner, im eigenen Land zu bleiben. Wenn wir hier nicht sehr bald handeln, wird uns über kurz oder lang eine nur noch mit Gewalt aufzuhaltende Menschenwelle überfluten. 20.05.2022 Die Spekulation mit Rohstoffen
Die Verbraucher-NGO Foodwatch fordert, angesichts des durch den Ukrainekrieg ausgelösten Getreidemangels ‘Schranken gegen preistreibende Finanzwetten’. Das ist richtig, beschreibt aber nur sehr unscharf ein schon lange bestehendes umfassendes Problem. Und das ist die Spekulation mit Rohstoffen, die ich in meinen Büchern ‘Basiswissen Geldanlage’ (2012, S. 138f.) und ‘Geldanlage kurz und gut’ (2021, S. 39f.) schon beschrieben habe. Schattenbanken genannte Spekulanten kaufen große Mengen zum Beispiel an Getreide oder Nickel, das sie durch Zurückhalten verknappen um es später teuerer wieder zu verkaufen. Mit solchen Geschäften wurden schon vor Jahrzehnten in Ländern der Dritten Welt Hungersnöte ausgelöst, da dort die Menschen bis zu viermal mehr als wir ihres Einkommens für ihre Nahrung ausgeben müssen. Durch den Ukrainekrieg zeigt sich dieses Problem jetzt auch an der Verknappung von Metallen. An diesen Spekulationen in meist in erheblichen finanziellen Größenordnungen beteiligen sich auch diverse Banken (z. B. die Deutsche Bank) im Rahmen Ihres Investmentbanking genannten Geschäftsbereichs. Versuche, durch erhöhte Gebühren im Rahmen einer schon vor Jahren durch die EU angeregten Finanztransaktionssteuer (FTS) solche Spekulationsgeschäfte zumindest einzudämmen, sind bisher gescheitert – wozu übrigens auch Herr Scholz als vormaliger Finanzminister beigetragen hat (Vergl. meinen FTS-Beitrag im Thema Finanzen).
05.9.2021 Die gestohlene Seele – Raubkunst aus Afrika
Unter diesem Titel der Tagesschau 24 am 4.9.2021 sah ich einen Film, der das Thema im Kontext der Kolonialzeit klug und beeindruckend behandelte. Immerhin wird die Gesamtzahl aller mehr oder weniger in dieser Zeit gestohlenen oder geraubten Kunst- und Gebrauchsgegenstände allein bei uns auf mehrere einhunderttausend geschätzt. Sie sollen zudem zu etwa 95% nie ausgestellt worden sein und noch in den Magazinen der Museen liegen. Es hatte wohl schon vor etwa 40 Jahren eine Initiative zu ihrer Rückführung gegeben, die aber am Widerstand der Museeumsleitungen scheiterte. Durch die intensive Beschäftigung mit den beim Niederbrennen der Hauptstadt des Königreichs Benin 1897 geraubten sogenannten Beninbronzen (geschätzt 3-5.000 kunstvoll gearbeitete Tafeln und Skulpturen aus den unterschiedlichsten Materialien ) – ihre Herstellung wurde erst sogar einer außerafrikanischen Kultur zugerechnet. Sie haben nun dazu beigetragen, die frühere Einschätzung der afrikanischen Kulturen als primitiv grundlegend zu verändern. In der Folge haben wir auch erkannt, dass diese Gegenstände Ergebnisse zum Teil hoher Kulturen und der Vergangenheit ihrer Künstler und Handwerker sind. Sie waren auch häufig nicht nur Kultgegenstände. Sie gehören heute zu eigenen Kulturen und sind notwendig sind zur Bildung und Inspiration der Jugend in den dortigen Staaten. Im Kontext damit hat der Historiker Prof. Zimmermann in einer anschliessenden Diskussion festgestellt, dass der Kolonialismus insgesamt selbst ein Unrecht war. Daher muss grundsätzlich Alles, was aus dieser Zeit zu uns gelangt ist, als gestohlen gelten und ist daher grundsätzlich zurückzugeben. Hier muss daher die Beweislast umgedreht werden. Verlangen wir auch dort bisher, dass erst der Beweis erbracht werden muss, damit wir etwa von diesen Gegenständen zurückgeben, ist es konsequent, dass wir beweisen, bestimmte Gegenstände trotz des kolonialen Unrechts rechtmäßig und korrekt erworben zu haben. Ich habe mir selbst bei meinen beruflichen Reisen durch den Kontinent etwas afrikanische Kunst zusammengekauft, auf Märkten und bei einem Händler in Abidjan, was mir gefiel. Damals war ich nicht soweit, mir Gedanken der obigen Art zu machen, angesichts der Preise dafür muss ich wohl heute auch nicht an eine Rückgabe denken.
Skulptur Stein, Kauf 1982 Abidjan
23.06.2023 Ein kleines Abenteuer
Es war wie ein schöner Zufall: Ende der fünfziger Jahre zeigte mir eine Kommilitonin mit dem Hinweis ‚du bist doch Jurist‘ die Suche der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) am Schwarzen Brett nach dem ‚Leiter‘ der Rechtsbibliothek. Viele von uns suchten Nebenjobs und die deutsche Entwicklungsbank lag auf der anderen Straßenseite der Uni. Ich hätte nichts Besseres finden können: Bezahlung gut, Atmosphäre entspannt, Arbeitszeit flexibel, sodass ich auch nach der Demonstration gegen den Vietnamkrieg vor dem US-Generalkonsulat nebenan, einem Schwof in der Mexikana um die Ecke und einem kurzen Plausch mit dem KfW-Pförtner dann dort noch meinem Gelderwerb frönen konnte. Das hielt sogar in der Referendarzeit an, so dass ich nach dem Assessor dort nach einem Job fragte, allerdings in der Entwicklungshilfe. Die Antwort: ‚Sie können klar denken, das Übrige bringen wir Ihnen schon bei‘. Und schon war ich in der Abteilung Entwicklungsbanken Afrika. Die erste Reise führte mich 1968 mit meinem Abteilungsleiter zur Kreditprüfung nach Ghana zur National Development Bank (NIB). Mein Chef: ‚Wir prüfen vier Tage durch. Dann geht es auf Einladung der Bank ein paar Tage über Land.‘ Es war eine herrliche Fahrt bis hinauf zum Voltasee voll kleiner und größerer Erlebnisse, immer unter freundlichen Menschen. Dort entstand meine bis heute währende Liebe zu diesem unglaublichen Kontinent. Am Abend des letzten Tages fuhren wir am Meer entlang aus Richtung Cape Coast zurück nach Accra, als wir aus dem Wald Trommeln hörten. Neugierig geworden regte ich an, mal nachzusehen. Nach wenigen hundert Metern entdeckten wir im Dämmerlicht ein kleines Rundhüttendorf. In der Mitte der Dorfplatz voller Menschen, am Rand eine kleine Band. Jetzt sahen wir, dass sich alle die Tänzerinnen und Tänzer in Reihen zu jeweils fünf bis sechs im Rhythmus der Trommeln nach vorne bewegten und am Patzende sich auflösten, um sich wieder hinten anzustellen. Sie nahmen uns sofort mit einladenden Gesten in ihre Mitte, drückten uns einen Becher mit Bier oder Ähnlichem in die Hand, und wir tanzten mit. Ich kann die Bewegungen noch heute. Es war ein fast mythisches Geschehen. Was Beethoven mit seiner melodiösen Klangwelt erreicht, wurde hier durch Rhythmus und Kraft der Trommeln ersetzt. Beides war für mich kaum eindringlicher denkbar. Irgendwann hörte die Band auf und wir fuhren nach freundlicher Verabschiedung gleichsam einem Traum davon.
Was für mich heute nicht mehr denkbar wäre: Ich ließ mich am nächsten Morgen zum Fischerdorf fahren und nahm alle sechs Musikinstrumente gegen einen geringen Obulus mit. Alles in den Flieger war das, als gleichsam mit diplomatischen Status ausgezeichnet, kein Problem. Ich habe Alles ( 2 Trommeln, 1 Große Rassel aus einer Fruchthülle mit dickem Griff, rundum bespannt mit auf Bindfäden aufgezogenen Kunstperlen, 2 kleine Rasseln Korbgeflecht, 1 glockenähnliche Rassel aus Eisen) noch in einer großen Kiste im Keller.
27.06.2023 Mercosur-Abkommen ist schädlich
Gerade habe ich auf Anregung meines BUND einen Brief an unsere Bundesregierung geschrieben. Sehr geehrter Herr Bundesminister Habeck, als langfristiger Wähler der Grünen bin ich sehr enttäuscht, dass Sie das geplante EU-Mercosur-Handelsabkommen unterstützen, das klimaschädlich, naturfeindlich und veraltet ist. Indem das Abkommen schädliche Produkte fördert wie Rindfleisch und Futtersoja, Pestizide und Verbrennerautos, steht es in direktem Widerspruch zu den Umwelt- und Klimaschutzzielen der Bundesregierung. In Ihrer Funktion als Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz bitte ich Sie: Stoppen Sie das Abkommen und setzen Sie sich am 25.5. im EU-Ministerrat für grundlegende Neuverhandlungen ein! Ein Zusatzinstrument zum Waldschutz reicht nicht aus und wäre nur Augenwischerei. Denn Expert:innen gehen davon aus, dass allein aufgrund der Rindfleischquoten dieses Handelsabkommen die Zerstörung der Wälder und Ökosysteme in Südamerika um jährlich 5% verstärkt – und das obwohl Sie uns den Deal als “Schutzmaßnahme für den Amazonas” verkaufen wollen, das passt so nicht zusammen! Es liegt in Ihrer Verantwortung, wirtschaftliche Interessen nicht über den Klimaschutz zu stellen. Verhindern Sie den miesen Vertrag! Mit freundlichen Grüßen Hans-Jürgen Gratz
Ghana, Voltasee, Kirche und Tradition, 1968
01.11.2021 Afrikanische Tragödie
Wirklich ein Lichtblick? Gleich drei Bundesministerien haben Pläne für eine verbesserte Zusammenarbeit mit unserem Nachbarkontinent Afrika erarbeitet. Und diese ‚neuen‘ Konzepte werden in den Medien überwiegend begrüßt, sollen doch die Entwicklungshilfemittel besser als bisher eingesetzt und mehr Investitionen gefordert werden, um dort Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Welch eine Illusion sind solche Pläne, die eher einer Steilvorlage für die deutsche Wirtschaft gleichen. Um das zu verdeutlichen, genügt der Blick auf unsere gemeinsame Vergangenheit mit diesem Kontinent. Wir Europäer haben die mit Gewalt erfolgte erste Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents zur Ausbreitung unserer Religion und dann für unsere wirtschaftlichen Interessen genutzt. Der Ausbeutung ihrer Rohstoffe und Menschen hatte und hat Afrika bis heute aufgrund unserer überlegenen Zivilisation nichts entgegenzusetzen. Nach der Selbständigkeit ehemaligen Kolonialgebiete haben wir das mit anderen aber ebenso wirksamen Mitteln weitergeführt, vor allem durch Korruption und Verträge nach unseren Bedürfnissen. Ich sehe mich nicht als Afrikaexperten. Doch vor fast 50 Jahren habe ich bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) daran mitgearbeitet, die deutsche finanzielle Entwicklungshilfe für afrikanische Staaten zu organisieren. Und schon damals war den Insidern bekannt, dass etwa achtzig Prozent der Finanzmittel wieder an europäische. Unternehmen, vor allem deutsche, zurückflossen. Und auch vom Rest ging ein großer Teil in dunkle Kanäle oder in Projekte, die über kurz oder lang stillstanden. Natürlich gab es und gibt es noch die deutsche technische Hilfe durch die GIZ (vormals GTZ). Doch ihre Mittel wie ihre Erfolge waren und sind in der Gesamtheit ein Tropfen auf den heißen Stein. Später war ich zehn Jahre in einer deutschen Geschäftsbank für den Bereich Afrika zuständig. Nur die Methoden der Ausbeutung hatten sich verfeinert, später auch mit tatkräftiger Unterstützung durch der EU, die mit einzelnen Staaten dort nur für uns vorteilhafte Verträge abschloss. An der Ausbeutung Afrikas hat sich daher bis heute im Grundsatz nichts geändert. Afrikakenner sind sich einig: Jede Unterstützung für diesen Kontinent muss dessen völlig andere soziokulturelle Entwicklung berücksichtigen
25.03.2023 Amazonien als Rohstofflieferant
Ende Januar 2023 empfing der neue Präsident Lula den deutschen Bundeskanzler zum Staatsbesuch in Brasilien. Scholz kündigte an, für den Schutz des Amazonasregenwaldes 200 Millionen Euro bereitzustellen. Doch so wie schon zuvor in Argentinien und Chile geht es ihm und der mitreisenden Wirtschaftsdelegation vor allem um Geschäfte: den Zugriff auf Rohstoffe, Energie wie „grünen Wasserstoff“ sowie das Freihandelsabkommen der EU mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Mit am Verhandlungstisch sitzen dann die Chefs von Konzernen wie Aurubis (Kupfer), Bayer (Pharma, Chemie, Pestizide) und VW (Autos). Um die Rohstoffe aus Südamerika abzutransportieren, soll die Infrastruktur ausgebaut werden. Dazu hatte schon wenige Tage zuvor der deutsche Botschafter Politiker und Funktionäre aus Brasilien, der EU sowie Firmenmanager in seine Vertretung eingeladen. Dort stellte ausgerechnet die staatliche Deutsche Bahn eine Partnerschaft mit einem Firmenkonsortium vor, das den Bau eines privaten Exporthafens auf der Insel Cajual im Bundesstaat Maranhão am Atlantik sowie einer über 500 Kilometer langen privaten Eisenbahnlinie plant. Sie soll den Nordosten Brasiliens mit dem Hafen verbinden, um Hunderte Millionen Tonnen Rohstoffe nach Deutschland, die EU und China zu verschiffen: Agrarprodukte wie Soja, Bodenschätze wie Eisenerz, Bauxit, Erdöl, Erdgas sowie Düngemittel und Wasserstoff. Noch ist das Gebiet, wo der Hafen entstehen soll, ein Tropenparadies, genauso wie die Landschaften entlang der geplanten Eisenbahntrasse. „Es liegt in unserer Hand, den Südosten des Amazonasgebietes, die Cerrado-Savanne und die kleinbäuerliche Landwirtschaft vor dem Zugriff der Agrar-, Bergbau- und Frackingindustrie zu schützen“, erläuterte Fórum Carajá, Partnerorganisation der angesehenen NGO ‚Rettet den Regenwald‘. Und wohin gehen die zugesagten 200 Millionen Euro?
13.03.2022 Energielieferant Afrika
Wie so oft schaffen unerwartete und manchmal auch schreckliche Ereignisse Situationen, die neue Lösungen verlangen. So müssen wir uns zumindest auf mittlere Frist um die Energieversorgung kümmern, die zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von einem inzwischen äußerst unsicheren Lieferanten abhängt. Hier fällt der Blick auf Afrika als der uns nächsten Region mit seinen erheblichen Vorkommen an Gas und Sonne.
So verfügt der Erdteil mit etwa 16 Billionen Kubikmetern über 7,3 % des derzeitigen Weltvorkommens an Erdgas. Mit drei Pipelines (eine ist außer Betrieb) werden immerhin etwa 11 % des europäischen Bedarfs (Spanien und Frankreich) gedeckt. Doch bei einer Entfernung über 500 km lohnt es sich nicht. Und die für den Transport als LNG (Natural Gas) notwendigen Verflüssigungsanlagen gibt es weder dort noch hier in ausreichender Anzahl.
Beim Strom für Europa aus Sonne sieht es zwar etwas besser aus, aber auch nur für eine noch nicht absehbare Zukunft. Das vor zehn Jahren geplante Vorhaben Desertec, das Sonnenstrom aus den Wüsten Nordafrikas per Kabel nach Europa transportieren sollte, scheiterte wohl an als zu gering erachteten Gewinnen der Beteiligten. Inzwischen macht sich das politisch stabile Namibia daran, auch mit deutschem Knowhow den aus riesigen Kollektorfeldern zu gewinnenden grünen Strom in Wasserstoff und seine Derivate mit Stickstoff (ammoniak) oder Kohlenstoff (syn Treibstoffe) in zur Verschiffung geeignetes Flüssiggas zu wandeln. Zwei Pilotprojekte sind dazu dort gerade in Arbeit. Doch wir können wohl erst in zehn Jahren mit einem merkbaren Anteil an unserer Energieversorgung rechnen.
Aktuelle Vergangenheit
Vor über 50 Jahren (1970 und 1971) habe ich in der noch heute vom Verlag Kurt Debus herausgegebenen ‚Wochenschau für politische Erziehung, Sozial- und Gemeinschaftskunde, Ausgabe für die Sekundarstufe II (damals Ausgabe 0)‘ neun Beiträge verfasst, von denen ich einige noch immer mit aktuellen Bezügen hier und anschließend im Thema Politik nach und nach einfüge. Sie vermitteln nicht nur ein kritisches Bild der damaligen Zeit sondern ermöglichen auch einen interessanten Vergleich zu den heutigen Verhältnissen.
Die UN: Moralische Instanz – mehr nicht? sh. unter Frieden ohne Waffen
Die politische Bedeutung des Außenhandels sh. unter Grundsatzpolitik
Entwicklung und Auswirkungen des Welthandels sh. unter Grundsatzpolitik
Was ist faul an der Entwicklungshilfe? sh. unten
Bleibt Abrüstung ein Wunschtraum? sh. unter Thema Frieden ohne Waffen
05.01.1971 Was ist faul an der Entwicklungshilfe? (Mein Artikel in der WOCHENSCHAU. 0/ Nr. 5./6. 1971)
Das hierzu vorliegende Material ist geeignet, einige Tendenzen der gegenwärtigen Imperialismusbestrebungen exemplarisch am Problem der Entwicklungshilfe darzustellen. Der die Geberländer beschämende und die Nehmerländer frustrierende Misserfolg der bisherigen sogenannten Entwicklungshilfe wird ohne die Kenntnis der imperialistischen Grundzüge dieser Hilfen nicht verständlich. Einige Tatsachen bieten die Grundlage der hier anzustellenden Überlegungen: 1 Fast ausnahmslos gilt heute die Gleichung: Entwicklungsland = Rohstoffland (ca. 100 Staaten); Nichtentwicklungsland = Indstriestaat (ca. 20 Staaten). 2 Die Verteilung des Reichtums in der Welt entspricht dieser Gleichung: Der Anteil der Entwicklungsländer an der Weltbevölkerung beträgt 66 %, ihr Reichtum, gemessen am Bruttosozialprodukt 12,5 %, auf der anderen Seite stehen die Industriestaaten mit 34 % der Weltbevölkerung und einem Anteil von 87,5% des Weltbruttosozialprodukts. 3. Der Anteil. der Industriestaaten am Weltexport zeigt mit 75 % (1938), 760 % (1956), 80 % (1965) und 81 % (1966) eindeutig eine steigende Tendenz. Die Grundlagen für diese Entwicklung wurden in der heute als Kolonialzeit gekennzeichneten Epoche gelegt. Ob Sklaven oder Erze, Wolle oder Rohöl, den Industriestaaten war die zivilisatorische Unterlegenheit ihrer Kolonialgebiete Anlass für eine rücksichtslose Ausbeutung, die zu Recht als imperialistisch bezeichnet wird. Inzwischen hat sich die Situation insofern gewandelt, als nahezu alle ehemaligen Kolonialgebiete zu politisch selbständigen Staaten wurden. Sie konnten allerdings verhindern, dass ihre Grenzen weitgehend so gezogen wurden, wie die Industriestaaten sie seinerzeit zur Abgrenzung ihrer gegenseitigen Einflusssphären und zur rationellen Nutzung der wirtschaftlichen Ausbeute festgelegt hatten. Auch machte ihre aus ständiger Bevormundung erwachsene Unfähigkeit, zeitgemäße wirtschaftliche und soziale Strukturen zu schaffen, machte es den Industriestaaten leicht, die offene politisch-wirtschaftliche Abhängigkeit der Kolonialzeit nach und nach in eine versteckte, jedoch nicht minder zwanghafte wirtschaftliche Abhängigkeit umzuwandeln. Die Tatsache, dass das Verhältnis der Industrie- zu den Rohstoffländern in den letzten 100 Jahren nahezu gleichgeblieben ist, spricht für diese These. Die unterschiedliche Einkommensverteilung zwischen diesen beiden Staatengruppen macht obendrein deutlich, dass der Status des Rohstofflandes auch heute untrennbar mit dem Verharren in sozialer und materieller Unterentwicklung verbunden ist. Das sich ständig verstärkende Ungleichgewicht zwischen der armen und der reichen Welt ist seit etwa zwanzig Jahren das Thema unzähliger Konferenzen, Entschließungen und Erkenntnisse. Das einzig sichtbare Ergebnis all dieser Bemühungen ist die Vergabe von sogenannter Entwicklungshilfe an die arme Welt, von den bisher vereinbarten Handelserleichterungen kann man absehen, weil sie minimal sind. Warum aber gestehen selbst die dafür Verantwortlichen – Minister, Abgeordnete, Manager – ein, dass etwas faul ist an dieser Entwicklungshilfe? Als Begründung für die mangelhafte Wirkung der “Hilfen” werden unter anderem Fehlplanungen der Entwicklungsländer, mangelnde Erfahrung in der Vergabe und der Verwendung der Mittel, Mangel an Verständnis auf beiden Seiten genannt. Doch diese Erklärungen erscheinen angesichts der Höhe der vorgeblich geleisteten Hilfen zu vordergründig. Um die eigentlichen Ursachen aufzuspüren, müssen zunächst die wechselseitigen Kapitalströme verglichen werden. Öffentliche und private Leistungen der Industrieländer an die arme Welt betrugen im Jahre 1965 rund 10,9 Milliarden Dollar. Diesem “capital-inflow” standen die folgenden Kapitalabgaben als “capital-outflow” gegenüber: 4,1 Mrd. Dollar für Schuldendienst, das heißt Zinsen und Tilgungen für gewährte Darlehen, 4,4 Mrd. Dollar als Gewinn und andere Transfers, 2,5 Mrd. Dollar Verlust für die Entwicklungsländer durch die Verschlechterung der Austauschverhältnisse (Terms of Trade). Schon aus dieser Berechnung, der “offiziöse” Zahlen zugrunde liegen, ergibt sich, dass die Entwicklungsländer im Gegenteil jährlich mehr Kapital verlieren, als sie zum größten Teil unter dem Weißmacher “Entwicklungshilfe” – erhalten. 1965 betrug dieser Verlust 900 Millionen Dollar. Es kommt hinzu, dass ein großer Teil dieser “Hilfen” liefergebunden vergeben werden – insbesondere von den USA. Die belieferten Länder können in diesen Fällen nicht das billigste Angebot auf dem Weltmarkt auswählen. Dadurch verteuern sich nach Schätzungen die Importe um wenigstens 20 %. Wenn man die nicht mit dem Einsatz von Kapital verbundene technische Hilfe mit wertmäßig einem Fünftel al1er Hilfen ansetzt, so kommt man auf einen zusätzlichen Verlust von mindestens 1,7 Mrd. Dollar. Das bedeutet, dass allein im Jahre 1965 den unterentwickelten Ländern fast 2 Milliarden Dollar mehr entzogen wurden als sie erhielten. Diese Art der Entwicklungshilfe stößt aus verständlichen Gründen in wachsendem Masse auf Kritik. Sie wird bezeichnet als das von den Industriestaaten gerade in dem Umfange in die arme Welt gepumpte Kapital, das notwendig ist, um im und am Handel mit diesen Ländern möglichst hohe Gewinne zu erzielen. Aus diesem Grund sind die Geberländer daran interessiert, die weitgehende Verfügungs- und Kontrollmöglichkeit beim Einsatz der Mittel zu behalten. Die makabre Bezeichnung dieses Kapitals als Entwicklungshilfe aber beruhigt die öffentliche Meinung (das “Weltgewissen”), die mit dieser “Hilfeleistung” eine zumindest zum überwiegenden Teil uneigennützige Mittelvergabe gesichert glaubt. Eine grundlegende Änderung dieses Zustandes setzt voraus, dass entweder die Industrieländer gewillt wären, eine andere Haltung als bisher einzunehmen, oder die Rohstoffländer wirtschaftlich kraftvoll genug wären, ihrerseits Änderungen zu erzwingen, Die erste Alternative darf man getrost verneinen. Das Streben nach Gewinnmaximierung ist einer der Eckpfeiler kapitalistischen Wirtschaftsdenkens. Es wäre widersinnig, wollte man erwarten, dass diese Haltung ausgerechnet gegenüber dem schwächsten Glied der eigenen Produktionskette aufgegeben wird. Als Folgen dieses Sachverhalts erweist sich die zweite Alternative ebenfalls als nicht realisierbar. Es läßt sich daher feststellen, dass die sogenannte Entwicklungshilfe, von geringen Ausnahmen abgesehen, in zweifacher Hinsicht als systemerhaltend im Sinne des Kapitalismus wirkt. Einmal wird sie gezielt zur effektiven Kapitalausnutzung vergeben, zum anderen läßt die wirtschaftliche Abhängigkeit den Entwicklungsländern nur die Chance, durch Anpassung an das sie ausbeutende System wirtschaftliche Fortschritte zu erzielen. Erwägt man die Möglichkeiten der Entwicklungsländer, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, so ist zu bedenken, dass der ‚Reichtum‘ der Entwicklungsländer bis heute tatsächlich zu neun Zehnteln im Verkauf ihrer Rohstoffe liegt. Für die überwiegende Mehrzahl dieser Länder besteht die Industriealisierung in einigen riesigen (von Ausländern beherrschten) Rohstofförderungsanlagen, einigen Prestigeprojekten, die oft unrentabel arbeiten (zum Beispiel Stahlwerke) und wenigen anderen Fabriken (meist ebenfalls von Ausländern kontrolliert). Der Export wird zu 90 % mit Rohstoffen bestritten. Diese aber werden nur in dem Umfang am Weltmarkt verlangt, wie sie von den Industriestaaten zur Weiterverarbeitung benötigt werden. Die Rohstoffländer müssen also geradewegs an einer guten Konjunktur in der reichen Welt interessiert sein. Doch auch dies ist kein Garant für stabile Rohstoffpreise. Deren Märkt sind ihrer Natur nach unstabil. Sie werden durch Spekulanten, Substitutionsstoffe (das sind Neuentwicklungen, meist auf Rohstoffbasis, die einen Rohstoff teilweise ersetzen), Auflösung staatlicher Lager (‚stock-pile Verkaufe), wechselnde Käufergewohnheiten, Kartellabsprachen usw. beeinflusst. Das kann sich auf Preiserwartungen und Kalkulationen äußerst schädlich auswirken. Die Industrieländer haben – man möchte sagen naturgemäß – kein Interesse daran, dieser Situation etwas zu ändern. Dafür ein Beispiel: Die vier wichtigsten Zinnerzeuger (Malaysia, Indien, Thailand, Bolivien) sind durch das internationale Zinnabkommen verbunden. Darin ist u. a. die Unterhaltung eines Pufferpools vorgesehen, der bei fallender Preistendenz Zinn aufkauft und lagert, um es bei steigendenden Preisen wieder zu verkaufen. Das wirkt preisstabilisierend, kostet aber viel Geld für die Unterhaltung des Pools und die Lagerung. Nun hat sich der IMF bereit erklärt, diesen Ländern besondere Ziehungsrechte einzuräumen. Damit sollen die Finanzierung des Pools erleichtert und die Devisenhaushalte dieser Länder geschont werden. Der Wirtschaftsexperte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nennt das eine fragwürdige Hilfe für Rohstoffländer, weil das die Begehrlichkeiten anderer Rohstoffländer wecken würde. Da Hilfen dieser Art Veranlassung gebe, die Monostrukturen zu erhalten, und von denen fraglich sei, ob sie wirklich so segensreich wirkten, wie häufig behauptet werde. Gegen diese Argumentation lassen sich ganz sachliche Argumente vorbringen. Warum zum Beispiel sollten nicht auch andere Rohstoffmärkte auf diese Weise stabilisiert werden? Welcher Ausweg als die Erhaltung der Monostrukturen bieten sich Rohstoffländern ohne internationale Unterstützung an? Welch Gründe gibt es für die Behauptung, dass die Art Rohstoffabkommen sich anders als segensreich auswirken? Das Beispiel soll hier vor allem die Ansicht der wirtschaftlich und politisch führenden Schichten in der Bundesrepublik gegenüber den Selbsthilfemassnahmen der Entwicklungsländer dokumentieren: Kleine aber lebenswichtige Schritte zur Stabilisierung der Rohstoffmärkte werden mit fadenscheinigen Argumenten oder einfach ohne Begründung. Die Abhängigkeit der Rohstoffländer vom Kaufverhalten der Industrienationen wird sich wahrscheinlich auch in Zukunft nicht vermindern, Im Gegenteil: Die Zuwachsraten der Industrialisierung in den Industrienationen zwischen 1960 und 1970 erlauben den Rückschluss, dass die zukünftige Nachfrage nach Rohstoffen alle geläufigen Dimensionen sprengen wird. Daher unternehmen alle Industriestaaten erheblich Anstrengungen, um neue Lagerstätten zu finden und sie durch erhebliche Abbau-Investitionen zu erschließen. Diese Projekte erfordern Investitionen in einer Höhe, zu der die Entwicklungsländer nicht in der Lage sind. Die Projekte bleiben daher zumeist in der Hand der Investoren. Das kann sich dahin auswirken, dass die Investoren durch die Gewinnung von Rohstoffen aus eigenen Lagern vom Markt unabhängig werden – und damit zugleich den Entwicklungsländern die Möglichkeit der Gewinnerzielung nehmen. Nach einem zweijährigen Aufwärtstrend für die meisten Rohstoffe sind die Preise seit dem Frühjahr 1970 wieder stetig gefallen. Es wäre also dringend an der Zeit, den Entwicklungsländern entscheidender zu helfen als bisher – beispielsweise durch die genannten Ziehungsrecht de IMF. Auch dann allerdings ist nicht auszuschließen, daß die geringen Fortschritte durch inflationäre Entwicklung, sinkende Preise und den überproportionalen Geburtenzuwachs zunichte gemacht werden. Eines ist allerdings sicher: Die Industriestaaten werden die Verarmung der unterentwickelten Völker nie so weit kommen lassen, daß sie selbst dadurch gefährdet würden (zum Beispiel durch Aufruhr, Sperrung der Rohstoffbasen, Verödung der Märkte für Erzeugnisse der Industriestaaten. Für die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung und die soziale Befreiung der armen Welt sind dies ebenso trübsinnige wie realistische Perspektiven.